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Ein Handball-Rentner im
permanenten Unruhestand

Volker Zerbe ist WM-Botschafter und sportlicher Leiter in Lemgo

Von Oliver Kreth
Lemgo (WB). Unterschiedlicher können WM-Botschafter nicht sein. Das erkannten alle, als bei einer Talkrunde in der Lipperlandhalle Rainer Calmund auf Volker Zerbe traf. Nicht nur wegen der großen körperlichen Unterschiede.

Auf der einen Seite der wortgewaltige, dicke Ex-Manager aus Leverkusen, der Werbung vor allem verbal für seine Sportart Fußball betrieb und betreibt, dort der schlanke »Lange«, der allein durch seine sportliche Vita beste Werbung für die deutscheste aller Ballsportarten betreibt.
Der ewige Lemgoer ist nach seinem sportlichen Rücktritt am Ende der Bundesliga-Saison 2005/2006 richtig im Stress. Zum einen ist da sein Job bei der Sparkasse Lemgo, daneben verantwortet er den Umbau seines TBV mit, und auch die Werbung für die Handball-WM im eigenen Land ist für »Zebu« eine echte »Herzensangelegenheit«.
Dabei schätzt er doch eigentlich die Ruhe, die mit ein Grund war, dass er während seiner aktiven Zeit nie das beschauliche Lipperland verließ. Für diese Treue wurde der mittlerweile 38-Jährige mit Ehrungen überhäuft. So wurde die Heldmannskamphalle in Lemgo in Volker-Zerbe-Halle umbenannt, die Rückennummer 11 wird beim TBV Lemgo nie wieder vergeben werden, und eine Biographie ist auch schon auf dem Markt.
Aber der 2,11-Meter-Mann (seit 1996 bis zum Rücktritt war er TBV-Kapitän) wächst mit seinen beiden neuen Aufgaben und hat mittlerweile »unglaublich viel Spaß« an seinen Jobs, denn »ich bin nach wie vor ganz nah dran am Sport, nur dass ich eben selbst aktiv aufgehört habe. Die ganze Sache hier gestaltet sich äußerst abwechslungsreich, weil es viele große und kleine Geschichten gibt, die es zu gestalten gilt.«
In Lemgo koordiniert er die Spiele der Mannschaft, Auswärtsfahrten, Hotelaufenthalte und Trainingszeiten, klärt Versicherungsfragen und arrangiert Autogrammstunden. »Eben alles, was mit der Mannschaft zu tun hat.« Ein Kompetenzgerangel mit Manager Fynn Holpert soll es nicht geben, da hat eine Absprache stattgefunden. Zerbe: »Natürlich ist es so, dass wir bei wichtigen Entscheidungen die Köpfe zusammenstecken. Darüber hinaus schaffe ich Freiräume für Fynn, damit er die wirtschaftliche Seite noch besser abdecken kann.«
Den Handball-Trainer Zerbe wird es aber nicht geben, denn »ich will ganz einfach nicht mehr täglich in der Sporthalle sein«. Weniger Stress wird es aber nicht werden, denn »ich glaube, dass die Aufgaben im Verein künftig immer umfassender werden«.
Viel Zeit verbringt der Familienvater derzeit aber vor allem in seinem Drittberuf Botschafter. Zerbe: »Jetzt gerade ist es wirklich alles ein wenig viel. Aber die Aufgabe endet ja schon Ende Januar wieder. Für mich war es wichtig, in bescheidenem Rahmen mitzuhelfen, dass die WM in Deutschland ein tolles Erlebnis wird. Ich werde auch künftig jede Gelegenheit nutzen, den Handball, der mir so viel gegeben hat, weiter nach vorne zu bringen.«
An ein Comeback oder eine Nominierung für den 28er-Kader wie bei Christian Schwarzer war aber nie gedacht, auch wenn Heiner Brand das mal durchklingen ließ - aber eher im Scherz. Denn, so Zerbe, »spätestens nachdem ich meine Laufbahn im Sommer beendet hatte, hat er gemerkt, dass bei mir keine richtige Ernsthaftigkeit mehr da ist«.

Artikel vom 13.12.2006