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Kritik am »heiteren Berufebasteln«

Bildungsexperte Rauner vor der Vollversammlung der Handwerker


Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Der Gast aus Bremen sprach den OWL-Handwerkern bei ihrer Vollversammlung in der Bielefelder Sparkassen-Zentrale aus dem Herzen: Der Trend zur »College-Ausbildung für alle« sei schon deshalb falsch, weil die Jugendarbeitslosigkeit in den Ländern, die hier als Vorbild dienten, viel höher sei als in Deutschland. Stattdessen forderte gestern Professor Felix Rauner, Bildungsexperte an der Universität Bremen, die in Deutschland und der Schweiz erprobte duale Ausbildung solle europaweit Schule machen.
Gleichwohl sparte Rauner vor den Handwerkern und Gästen aus dem Berufsbildungssektor nicht mit bissigen Bemerkungen zu dem, was er für Fehlentwicklungen in Deutschland hält. Dazu zählt, dass das Durchschnittsalter der Auszubildenden seit 1970 von 16,5 auf 19,8 Jahre gestiegen ist. Rauner: »In diesem Alter sind die österreichischen Jugendlichen mit ihrer Berufsausbildung schon fertig.« Auch werde das praktische Wissen unterbewertet. Eine breite theoretische Einführung zu Beginn nehme den Jugendlichen eher den Spaß am beruflichen Lernen. Ähnlich kritisch sei manche praxisferne Lehrwerkstatt zu beurteilen.
Als »Krampf« bezeichnete Rauner das »heitere Berufebasteln« in den vergangenen Jahren. Sie erschwere die Identitätsfindung. Im übrigen sei eine breite Grundausbildung in einem Beruf und spätere Spezialisierung besser.
Gleichwohl müsse das Handwerk aufpassen, dass die trotzdem vorhandenen Vorteile des deutschen Systems nicht bei dem Versuch, die Berufsausbildung EU-weit zu vereinheitlichen, verloren gingen. Wirtschaft

Artikel vom 08.12.2006