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Happige Gebühren trüben den Durchblick im Steuer-Dschungel

2007 langt das Finanzamt bei der verbindlichen Auskunft richtig zu

Von Rolf Dressler
Berlin (WB). Starttag 1. Januar 2007: Verbindliche schriftliche Steuer-Auskünfte der Finanzbehörden, bisher kostenfrei, werden gebührenpflichtig. Das kann dann richtig ins Geld gehen.

Einen gesetzlich verbrieften Anspruch auf solche verbindlichen Auskünfte haben künftig Unternehmer, Firmengründer, Investoren wie auch Privatpersonen.
Die Gebühren bemessen sich nach dem sogenannten Gegenstandswert. Ist er nicht genau feststellbar, können die Finanzbehörden eine Zeitgebühr von 50 Euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungsaufwand erheben (pro Einzelfallberatung mindestens 100 Euro).
Bei einem Gegenstandswert bis zu 5000 Euro muss der Auskunftsuchende 121 Euro berappen, bei 10 000 Euro Gegenstandswert 196 Euro, bei 50 000 sind es bereits 456 Euro, bei 95 000 Euro 756 Euro Gebühr, bei 200 000 Euro 1456 Euro, bei 350 000 Euro 2206 Euro und bei 500 000 Euro 2956 Euro Gebühr.
Eine Gebühren-Obergrenze zieht der Gesetzgeber laut Paragraph 89 der neuen Abgabenordnung des Steuergesetzes 2007 ausdrücklich nicht. Aber nicht nur das ruft heftige Kritik hervor. Als »unverschämt«, »skandalös« und als »Frechheit« bezeichnen die Wirtschaftsverbände, der Bund der Steuerzahler und die Spitzenorganisation der Steuerberater die künftige Gebührenpflicht.
Der Staat verhöhne seine Bürger, wenn er die Befürchtung äußere, dass »die Zahl der Anträge auf verbindliche Beratung und Auskunft wegen der Kompliziertheit des deutschen Steuerrechts sprunghaft steigen« werde.
Denn: Eben dieser Staat habe doch genau diese unzumutbar verworrenen und undurchschaubaren Steuergesetze und -verordnungen in Hülle und Fülle geschaffen, die der Bürger befolgen müsse. Deshalb sei es ein Unding, dass der Bürger nun auch noch erhebliche Extra-Gebühren zahlen müsse, wenn er sich wegen objektiv unklarer Sachverhalte um Rechtssicherheit bemühe, empört sich im Internet neben vielen anderen auch das Wirtschafts- und Steuerberatungsteam »steuerrat24«.
Ganz anders das von Peer Steinbrück (SPD) geführte Bundesministerium der Finanzen. Dort versteht man die öffentliche Aufregung nicht. Denn Auskünfte an Bürger zu »normalen« Steuer-Anfragen, wie etwa zu Fahrtkosten für den Weg zur Arbeitsstätte oder zu Kinderbetreuungskosten, blieben gebührenfrei wie bisher.
Das WESTFALEN-BLATT erläutert, was vor allem Unternehmen, Firmengründer und Investoren bei der Antragstellung zu beachten haben:
- Das geplante Vorhaben muss dem Finanzamt umfassend geschildert werden.
- Desgleichen muss ausführlich dargestellt werden, unter welchen steuerlichen Gesichtspunkten das Projekt verwirklicht werden soll.
- Beispielsfälle: Jemand möchte ein vermietetes Haus erwerben und wissen, ob dabei Steuern anfallen.
- Oder: Jemand möchte mit seinem Ehepartner einen Kaufvertrag, Darlehnsvertrag oder Arbeitsvertrag abschließen und wissen, ob dieser Vertrag auch steuerlich anerkennt wird.
- Oder: Jemand plant den Verkauf einer oder mehrerer weiterer Wohnungen und möchte wissen, ob das als gewerblicher Grundstückshandel im Sinne des geltenden Steuerrechts eingestuft wird.
Wichtig: Die amtliche Auskunft hat aber nur dann bindende Wirkung, wenn sie von einem »zuständigen Beamten« erteilt wird, also nicht ein Sachbearbeiter, sondern von dem zur abschließenden Zeichnung berechtigten Sachgebietsleiter oder Amtsvorsteher.
Das Finanzamt ist nach Treu und Glauben an seine Auskunft gebunden, wenn der Auskunftsuchende die »wirtschaftliche Disposition« für das von ihm ge- plante Vorhaben ausdrücklich davon abhängig gemacht hat. Voraussetzung dafür wiederum ist natürlich, dass das Projekt tatsächlich auch so realisiert wird, wie es in der Anfrage an das Finanzamt geschildert worden war.
Erteilt die Behörde jedoch einen negativen Bescheid, so ist dieser für die Zukunft nicht uneingeschränkt bindend. Denn: Wenn sich bei der späteren Steuerveranlagung herausstellt, dass die Auskunft sachlich falsch war, muss eine sachlich zutreffende, für den Antragsteller günstigere Auffassung zugrundegelegt werden.
www.steuerrat.de
www.bundesfinanzministerium.de

Artikel vom 09.12.2006