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Harte Strafe für Briefträger

Postbote schleift Schäferhündin mit Auto zu Tode

Die Schwestern Meryem (l.) und Merve mit ihrer türkischen Hündin »Koko«.
Von Christian Althoff
Lemgo (WB). Mit diesem Urteil hatte der Angeklagte nicht gerechnet: Das Amtsgericht Lemgo hat am Freitag den Postboten Peter P. (30) wegen Tierquälerei zu zehn Monaten Haft auf Bewährung, einem Jahr Führerscheinentzug und 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit in einem Tierheim verurteilt. Der Briefträger hatte im Mai die türkische Schäferhündin »Koko« zwischen sein Auto und einen Anhänger gebunden und das Tier zu Tode geschleift.
Vor Gericht stellte der Angeklagte die Tat als Unfall dar. Er habe die streunende Hündin an die Deichsel seines Anhängers gebunden, um sie zum Ordnungsamt Lemgo zu bringen. »Ich bin im Schritttempo gefahren. Als ich die Hündin nicht mehr im Rückspiegel gesehen habe, habe ich angehalten und nachgesehen. Weil das Tier tot war, habe ich es in ein Gebüsch gezogen.«
Augenzeugen schilderten das Drama vor Gericht ganz anders. Andreas M.: »Ich sah, dass das Tier immer wieder ans Anhängerrad stieß und habe den Mann gestoppt. Er sagte nur, der Hund könne ja laufen, und ist weitergefahren.« Zeuge Klaus R.: »Der Fahrer hat dann Gas gegeben, und ich habe gesehen, dass sich die Hündin mehrfach überschlagen hat.« Der Anwalt des Postboten erklärte wörtlich, das Tier habe einen Fehler gemacht. »Es ist nicht richtig mitgelaufen.« Trotzdem tue seinem Mandaten »die ganze Sache leid«.
Erst drei Tage vor der Gerichtsverhandlung hatte sich Peter P. bei Hundehalter Murtaza C. (48) entschuldigt und ihm 1500 Euro Schadensersatz gezahlt. Elektroinstallateur Murtaza C. hatte seinen Töchtern Merve (9) und Meryem (12) die türkische Schäferhündin vor zwei Jahren als Welpen geschenkt. »Meine Kinder haben den Verlust bis heute nicht verkraftet«, sagt der 48-Jährige. Seine Töchter hätten eine solche Abneigung gegen Briefträger entwickelt, dass er ihnen erst einmal ein paar Zeitschriften abonniert habe: »So lernen unsere Kinder, dass Postboten einem auch eine Freude bereiten können, wenn sie die lang erwartete Post bringen.«
Der Staatsanwalt, der von einer rohen Tat sprach, hatte sogar zwölf Monate Haft gefordert. Obwohl das Gericht nur zehn Monate verhängte, hat das Urteil möglicherweise weitreichende Konsequenzen für den Vater zweier Kinder: Er habe wegen des Vorfalls bereits eine Abmahnung bekommen, sagte Peter P. Und es sei nicht ausgeschlossen, dass er nun angesichts der Verurteilung seine Stelle verliere.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Artikel vom 09.12.2006