09.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Polizei nimmt Ex-Schüler fest

Amokdrohung in Oerlinghausen - Auch in Verl Gewalttat angekündigt

Von Christian Althoff
Oerlinghause/Verl (WB). Polizisten haben am Freitag einen früheren Schüler (19) der Heinz-Sielmann-Hauptschule in Oerlinghausen (Kreis Lippe) vorläufig festgenommen. Er soll am Vorabend einen Amoklauf angekündigt haben. In Verl (Kreis Gütersloh) steht ein zwölfjähriger Realschüler nach einer Gewaltandrohung bereits seit Tagen unter Hausarrest.

Eine Putzfrau der Heinz-Sielmann-Schule hatte Donnerstagabend im Eingangsbereich ein Schreiben entdeckt, in dem der Urheber mit drastischen Worten anonym angekündigt hat, am Freitag zum Unterrichtsbeginn etliche Schüler zu verletzen.
Vor dem Hintergrund des Amoklaufs von Emsdetten, bei dem am 20. November ein Ex-Schüler 37 Menschen verletzt und sich anschließend getötet hatte, nahm die Polizei die Drohung ernst. Sie stellte eine Sonderkommission auf und ließ das Schulgebäude noch in der Nacht von Sprengstoffspürhunden und Polizisten durchsuchen. Als am Morgen die 551 Schüler zum Unterricht erschienen, patrouillierten Beamte der Bielefelder Einsatzhundertschaft sowie der Kreispolizei Lippe auf dem Schulgelände sowie in den Fluren.
Schulleiter Rolf Bockwinkel hatte sich in Absprache mit den Behörden entschlossen, den Unterricht stattfinden zu lassen. »Ihr braucht Euch keine Sorgen zu machen. Die Polizei ist zu unserem Schutz hier, es wird uns nichts passieren!«, beruhigte der Pädagoge seine Schüler in einer improvisierten Ansprache vor dem Schulsekretariat, wo sich viele Schüler eingefunden hatten. Dennoch holten einige Eltern ihre Kinder kurzerhand ab. Eine aufgeregte Mutter: »Meine Tochter hat mich eben angerufen. Trotz der großen Polizeipräsenz habe ich ein ungutes Gefühl. Besser, das Kind bleibt heute zu Hause. . .«
Die Befragung von Lehrern soll die Kripo bereits am Vormittag auf die Spur eines früheren Schülers geführt haben. Zu Informationen, nach denen der 19-Jährige vorläufig festgenommen worden ist, nahm die Polizei am Freitag keine Stellung. Ob der Drohbrief am Computer des Tatverdächtigen geschrieben worden war, wurde ebenfalls nicht bekannt.
Auch in Verl (Kreis Gütersloh) ist Schülern Gewalt angedroht worden, und zwar bereits vier Tage nach dem Amoklauf von Emsdetten. Ein zwölfjähriger Schüler der Realschule hatte sich am Freitag, 24. November, zwei Brotmesser aus der Schulküche geholt. Dann war er auf mehrere Mitschüler zugelaufen und hatte sinngemäß gerufen: »Ich bin ein Auftragskiller und lege euch alle um!« Der Junge ließ sich dann aber beruhigen und gab die Waffen ab. Am Montag darauf informierte die Schule die Polizei. In Absprache mit der Mutter hat der Junge seit der Tat »Hausarrest«. Er darf die Realschule vorerst nicht mehr betreten. Die Mutter lässt sich nun täglich die Hausaufgaben geben, die ihr Sohn zu Hause erledigen muss. Der Zwölfjährige wird von einem Psychologen betreut. Wann der Junge wieder regulär am Unterricht teilnehmen darf, steht noch nicht fest.
Gewaltdrohungen gegen Schulen und Schüler hat es am Freitag auch in anderen Bundesländern gegeben. In Baden-Württemberg werden 3700 Streifenpolizisten die Schulen auch in der kommenden Woche bewachen, weil der Täter, der in dieser Woche ein Blutbad angekündigt hatte, noch nicht ermittelt werden konnte.

Artikel vom 09.12.2006