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Die wilden Wege am Rhein
47 mittelalterliche Burgen und viele Naturabenteuer auf Schritt und Tritt
Am Ufer von Andernach steigt der größte Kaltwassergeysir der Welt 60 Meter in die Höhe. An den Schieferhängen des Rheintals kleben 47 Burgen und Bauten wie Nester auf den Felsen.
Und in den milden Seitentälern blühen seltene Orchideen und mittelalterliche Kräuter. Erschlossen werden die Natur- und Kulturwunder des Rheintals jetzt von zwei neuen Wanderwegen: dem Rheinsteig und dem Rheinburgenweg.
320 Kilometer windet sich der Rheinsteig von Bonn nach Wiesbaden. Teils schmale und felsige Pfade führen immer wieder auf und nieder - und bereits im ersten Jahr nach der Eröffnung bestaunten 100 000 Wanderer die Reize des Rheintals von der rechten Rheinseite aus völlig neuen Perspektiven. Jetzt kommen Landschafts-Liebhaber auch linksrheinisch auf ihre Kosten: Von Bad Breisig bis Bingen windet sich der Rheinburgenweg teils am Ufer, teils über die Höhen zu den Prachtbauten des Mittelalters. Auf 373 Kilometern erwarten Wanderer mehr als 20 000 Höhenmeter und 110 Stunden absoluter Wanderspaß, versprechen Ulrike Polier und Wolfgang Todt, die Autoren des Rheinburgenweg-Wanderführers.
20 Rheinburgen passiert der neue Weg durch das Welterbe auf der linken, 27 auf der rechten Rheinseite. Spektakulär thront dabei die Marksburg hoch über Braubach, verspielt wirkt Schloss Stolzenfels bei Koblenz, gigantisch Burg Rheinfels über St. Goar und mächtig Burg Katz über St. Goarshausen. Auf der Loreleyseite folgt der Pfad rechtsrheinisch größtenteils dem bestens beschilderten Rheinsteig, der ebenfalls seinem Namen alle Ehre macht: Er beginnt im Siebengebirge, schraubt sich durch die Schiefersteillagen der Weinberge zwischen Linz und Neuwied, erlaubt den schönsten Blick aufs Deutsche Eck in Koblenz und führt zur größten Rheinschleife bei Boppard, bevor er sich eng und schmal durch das Welterbe Mittelrheintal windet und am Binger Loch nach einem Abstecher in den Taunus in der weiten Ebene des Rheingaus ausläuft.
Die neuen Wege durch das Rheintal öffnen nicht nur unbekannte Perspektiven auf eine Kultur-, sondern auch auf eine faszinierende Natur-Landschaft. »Es gibt nur wenige Stellen in Deutschland, wo sich auf einem so kurzen Stück eine so vielfältige Fauna, Flora und Geologie zeigt«, schwärmt Dr. Erwin Manz, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Mainz. Unter dem Untertitel »Wandern, Wundern, Wissen« hat der BUND einen Naturführer durch das Rheintal herausgegeben, der erstmals leicht verständlich die Wunder am Wegesrand des Rheinsteigs aufzeigt und erklärt. Denn Deutschlands meist befahrener und meist besungener Fluss ist an seinen Ufern ein Naturparadies für alles, was blüht, fliegt und über den warmen Schieferboden kriecht. Im Norden, bei Bonn, sind es die saftig-grünen Auenwälder, die Naturfreunde faszinieren. Über der Dörrscheider Heide unweit der Loreley flattern die seltensten Schmetterlinge und am Rande der warmen Weinberge des Rheingaus leben die letzten Äskulapnattern. Seltene Orchideen wachsen im milden Klima an den Rändern schroffer Schieferfelsen, bekannte Küchenkräuter gedeihen auf Wiesen und Weißstörche nisten mitten im Strom auf der Rheininsel Rettbergsaue.
Auf jeweils 20 Tagesetappen führen beide Wanderwege zu den Wundern des Rheintals - dazu zählt jetzt auch der größte Kaltwassergeysir der Welt, der seit dem Sommer am Rheinufer vor den Toren von Andernach die Besucher in den Bann zieht. Bis zu 60 Meter steigt seine von Kohlensäure aus den Erdspalten der Eifel getriebene Fontäne zischend in die Höhe. Von Bonn aus können Wanderer zu Schnuppertouren aufbrechen, denn auch die Hotellerie setzt auf eine neue Art von Wanderbegeisterten.

Artikel vom 09.12.2006