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Blick zurück im Zorn

Wie ein Radrennen zur Tour de Farce wird


Bielefeld (WB/tip). Der ehemalige Radprofi Paul Kimmage geht schonungslos mit seinen Ex-Kollegen ins Gericht. Kimmage lästert, Kimmage stichelt, Kimmage provoziert: Er lässt niemanden kalt und schon gar nicht in Ruh'.. So legt er den Finger in die Wunden des Radsports-Metiers.
Nach 17 Jahren kehrt der Ire zur Tour de France zurück, zum größten Radrennen der Welt, das er in den 80er Jahren unter größten Schmerzen und Entbehrungen selbst bestritten hatte. Es war ein Zeitfahren, bei dem er acht Minuten hinter Bernhard Hinault blieb, das den Radsport-Idealisten zum verbitterten Realisten machte: nichts zu machen ohne Doping, erkannte der keineswegs untalentierte Kimmage - und zog die Konsequenzen.
Der Ire stellte das Rad in die Ecke, fasste seine Erlebnisse in einer schreienden Anklage (»Raubeine rasiert«) zusammen, deren schonungslose Offenheit ihn auf der Stelle zur unerwünschten Person im Peloton machte. Danach wurde Kimmage Journalist - kein schlechter übrigens. Als Kolumnist der »Sunday Times« kehrt er im Sommer 2006 noch einmal zur Frankreich-Rundfahrt zurück. Zögerlich lebt die Begeisterung wieder auf, der ewige Argwohn aber lässt ihn nicht mehr los.
So beschreibt Kimmage die wohl lebendigste und abwechslungsreichste, aber auch skandalöseste Tour der vergangenen Jahre aus seiner ganz persönlichen Wahrnehmung: Das Tagebuch des Geächteten ist ein Blick zurück voller Zorn, aber auch der Blick eines Liebenden, dem es angesichts der gnadenlosen Realität das Herz schier zerreißen möchte.
Paul Kimmage: Tour de Farce, Covadonga, 128 Seiten, Ladenpreis

Artikel vom 09.12.2006