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Mager-Models

Das lebende Nichts

Zerbrechliche Ärmchen, Beine wie Mikado-Stäbchen, herausstehende Wangenknochen und Oberkörper, die bis fast aufs Skelett abgemagert sind - neben vielen Models tun auch immer mehr weibliche US-Filmstars alles, um sich auf die Kleidergröße 0 zu hungern.


Es ist noch nicht lange her, da galt die Größe 2 als kleinstmögliche Konfektion in amerikanischen Läden. Unfassbar, aber wahr. Modemarken, die derzeit voll im Trend liegen, haben inzwischen mindestens die Mikro-Größe Zero (also Null) im Angebot. Sie entspricht einer in Deutschland nicht vorhandenen Größe von 32, in die eine Zwölfjährige vielleicht gerade noch passen würde. Doch damit ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Denn gerade dort, wo die Stars und Sternchen der US-Filmindustrie einkaufen, da hängen in den In-Boutiquen winzige Stofffetzen, die nicht über »Negative Zero« oder sogar »Double Zero« hinauskommen.
Schauspielerin Catherine Zeta-Jones (37) hat bereits mehrfach den Schlankheitswahn der Kolleginnen angeprangert. »Diese Welle von super-mageren Frauen ist für mich furchterregend«, lässt die Frau von Michael Douglas (62) kein gutes Haar an den Hungerhaken. Geradezu irrsinnig sei, wie Schauspielerinnen, die gerade erst ein Baby bekommen haben, einen Wettkampf daraus machen, als erste wieder ihr Normalgewicht zu erreichen, regt sich die Mutter zweier Kinder mächtig auf. Zwar ist auch Jones durchaus schlank, hat aber gleichwohl weibliche Formen zu bieten.
Ganz anders dagegen zeigen sich Frauen wie Lindsay Lohan oder Nicole Richie, Adoptivtochter des Sängers Lionel Richie. In den Schlagzeilen Hollywoods tauchen sie immer wieder als »Skelett-Schwestern« auf. Abgemagert bis auf die Knochen, weder Busen noch Hintern, tauchen sie auf den nicht enden wollenden Glamour-Partys neben einer Reihe von Kolleginnen auf, die sich mit dauerhaften Diäten dem »lebenden Nichts« nähern.
Nicht anders sieht es auf den Laufstegen dieser Welt aus. Beim Anblick der dürren Gerippe, die die Couture von Lagerfeld und Co. zur Schau stellen, nicht an Magersucht zu denken, ist fast unmöglich. Auch wenn just dieser Karl Lagerfeld das ganz anders sieht. Der erfolgreiche Modezar spricht von Einzelfällen, generellen Veränderungen der Körperstrukturen und lässt sich auch vom Todesfall des Armani-Models Ana Carolona Reston nicht aus der Ruhe bringen. Die Brasilianerin wog zuletzt nur noch 40 Kilo - bei 1,74 Metern Körpergröße. Giorgio Armani hatte die spindeldürre 21-Jährige für eine geplante Kampagne abgelehnt, auch, um ein Zeichen gegen den Magerwahn zu setzen, den er öffentlich kritisierte.
Ein Zeichen in dieser Richtung hatte zuvor bereits die Macher der Modewoche in Madrid gesetzt. Models mit einem zu geringen Gewicht (errechnet nach dem Bodymaßindex, bei 1,76 Meter Körpergröße durfte ein Model nicht weniger als 56 Kilo wiegen) wurden vom Laufsteg verbannt. Mailands Bürgermeisterin Letizia Moratti Moratti plädierte wenig später für ein ähnliches Vorgehen auf der Schau in ihrer Stadt, ohne aber wirklich Gehör zu finden.
Und auch in Paris wurde der Madrider Vorstoß eher belächelt. Vermutlich müssen sich noch mehr Models oder große Namen der Filmszene zu Tode hungern, um dem Streben nach Kleidergröße 0 oder gar doppelter 0 ein Ende zu bereiten.
Doch solange Designer und auch Modeschauen-Veranstalter keine einheitliche Front beziehen, werden weiter mit edlem Stoff behangene Skelette die Haute Couture auf den Laufstegen präsentieren.

Ein Beitrag von
Wolfgang Schäffer

Artikel vom 30.12.2006