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Wirtschaft in einem Netzwerk

IHK-Präsident fordert solidarisches Vorgehen für Fraunhofer-Institut

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Die gesellschaftlichen Akteure in Ostwestfalen sollen zusammenstehen, um ein Max-Planck- oder Fraunhofer-Institut in die Region zu holen. Diesen Aufruf startete Ortwin Goldbeck, seit September Präsident der Industrie- und Handelskammer Ostwestfalen, gestern beim Jahresempfang der IHK in Bielefeld.

Goldbeck, der die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft zu einem Kernthema seiner Amtszeit erklärt hat, sagte vor knapp 500 Gästen in der Kammer: »Wenn der hiesige Standort in Zukunft in der ersten Liga spielen will und für industrielle Dienstleistungen attraktiv bleiben soll, dann müssen wir dringend die Weichen stellen für eine erweiterte Forschungs-und Wissenschafts-Infrastruktur in Ostwestfalen.«
Gute Ansätze dafür gebe es bereits, etwa den »Hochschulcampus« in Bielefeld und die »Fürstenmeile« in Paderborn. Damit seien die Potenziale aber noch nicht ausgeschöpft. Goldbeck appellierte an die nordrhein-westfälische Landesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass OWL nicht abgehängt werde: »Es kann nicht sein, dass der Aufbau von Forschungs- und Entwicklungszentren mit Landesgeldern in hoher Millionenhöhe wie in alten Zeiten nur im Ruhrgebiet und in der Rheinschiene stattfindet und der Rest des Landes leer ausgeht.«
Goldbeck lobte die Wirtschaft, weil sie ihre Hausaufgaben gemacht habe. Die Unternehmen seien wettbewerbsfähiger geworden. Man habe die Strukturen verschlankt und Produktion und Entwicklung auf den internationalen Markt ausgerichtet. Zusätzlich zahlten sich die großen Anstrengungen für die Erschließung von neuen Märkte und in der Entwicklung neuer Produkte sowie eine relativ moderate Lohnpolitik aus.
Im Gegensatz zur Wirtschaft habe die Politik ihre Ziele bislang verfehlt. Der derzeitige Aufschwung erfolge nicht wegen, sondern trotz der Vorgaben aus Berlin. Statt die Mehrheit für Reformen zu nutzen, betrieben die Koalitionsparteien Klientelpolitik und eine Strategie des kleinsten gemeinsamen Nenners. Kleinliche Streitereien seien an der Tagesordnung.
Goldbeck erinnerte daran, dass die Situation auf dem regionalen Ausbildungsmarkt nach wie vor nicht befriedigen könne. Zweistellige Zuwachsraten bei den Schulabgängern seien naturgemäß eine Herausforderung für alle Arbeitgeber -ĂŠauch die öffentlichen. Die privaten Unternehmen hätten die Zahl der Lehrstellen im Vergleich zum Vorjahr um aktuell 9,6 Prozent erhöht. »Damit haben wir die Situation ein wenig entschärft, aber das Problem nicht gelöst«, sagte Goldbeck. Immerhin sei sichergestellt, dass jeder ausbildungswillige und -fähige Jugendliche mindestens ein berufliches Einstiegsangebot erhalte. Der IHK-Präsident mahnte die Betriebe, dass sich der Wind drehen könnte. Schon seien in manchen Branchen Fachkräfte Mangelware.
Vor dem Jahresempfang tagte die Vollversammlung der IHK. Von dort brachte Goldbeck die gute Nachricht, dass die Umlagen und Grundbeiträge der Unternehmen für die Kammer auch im neunten Jahr hintereinander nicht erhöht wurden. Dies solle den Firmen zusätzlichen Rückenwind für den beginnenden Aufschwung verleihen, meinte Goldbeck.

Artikel vom 05.12.2006