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Fehlbesetzung und jede Menge Klischees

Dani Levys Komödie »Mein Führer« ist misslungen

Von Andreas Schnadwinkel
Bielefeld (WB). Sogar als Fernsehzuschauer konnte man die Rat- und Hilflosigkeit mit Händen greifen, die am vorigen Samstag auf der »Wetten, dass...?«-Couch herrschte.

Als Helge Schneider in der TV-Show auftrat, fiel auch Thomas Gottschalk nichts mehr ein. Und die Ausschnitte aus der Komödie »Mein Führer«, in der Helge Schneider Adolf Hitler spielt, ernteten nicht mehr als ein paar peinliche Höflichkeitsklatscher des Publikums in Bremen.
Eine deutschsprachige Komödie über Adolf Hitler kann letztlich nur ein Regisseur jüdischen Glaubens drehen, ohne für das Projekt öffentlich angegriffen zu werden. Nach dem gelungenen Film »Alles auf Zucker« sind die Erwartungen an Dani Levys »Mein Führer« (Kinostart am 11. Januar) relativ hoch. Doch sie werden mit einiger Sicherheit enttäuscht werden.
Journalisten wurde der Film bereits vorgeführt. Die wichtigste Erkenntnis: Helge Schneider ist eine völlige Fehlbesetzung in der Rolle Hitlers.
Bei jedem Film, in dem der Nazi-Diktator dargestellt wird, erhebt sich die Frage: Wie glaubhaft bringt der Schauspieler Hitler auf die Leinwand? Hier hat »Mein Führer« sein größtes Manko, denn Helge Schneider ist kein ausgebildeter und professioneller Mime. Der Musik- und Bühnenkomiker ist optisch ordentlich zurechtgemacht, aber Stimme und Sprachduktus passen einfach nicht.
Dani Levy sieht seine Inszenierung in der Tradition von Roberto Benignis »Das Leben ist schön«, Chaplins »Der große Diktator« und Mel Brooks' »Sein oder nicht sein« - und als Gegenentwurf zur ernsthaften Bernd-Eichinger-Produktion »Der Untergang«. Doch die hatte mit Bruno Ganz einen erfahrenen Schauspieler für die schwierige Hauptrolle.
Wenn man an Christoph Maria Herbsts »Stromberg«-Auftritt als Nazi-Butler in der Edgar-Wallace-Parodie »Der Wixxer« denkt, dann wäre er sicherlich eine bessere Besetzung gewesen als Helge Schneider. Bei ihm wartet der Zuschauer unbewusst darauf, dass er in jedem Moment loslacht und aus der Rolle ausbricht, so wie in seinen skurrilen Komödien »Doc Snyder« und »Johnny Flash«.
So muss der großartige Ulrich Mühe (»Das Leben der Anderen«) als jüdischer Theaterstar Grünbaum den Film über 90 Minuten tragen und praktisch die Hauptrolle übernehmen. Überhaupt kann sich das Ensemble mit Stefan Kurt (Speer) und Ulrich Noethen (Himmler) mehr als sehen lassen.
Schade, dass die guten Schauspieler nur wenige pointierte Dialoge (»Das mit der Endlösung dürfen Sie nicht persönlich nehmen«) sprechen dürfen und vom Drehbuch weitgehend im Stich gelassen werden. Bis auf ein paar Details - wie ein KZ-Quartett und eine Bart-Szene - entfaltet sich in »Mein Führer« nicht der Esprit, wie ihn Dani Levy in »Alles auf Zucker« noch so leichtgängig auf die Leinwand brachte. Tempo und Spannungsbogen gehen seiner neuen Komödie, die einfach nicht witzig ist, völlig ab. In Klischees sucht der Regisseur sein Heil und macht die Geschichte damit noch platter. »Mein Führer« kommt so früh im neuen Jahr in die Kinos, dass er schnell vergessen werden und sich die Enttäuschung in Grenzen halten sollte.

Artikel vom 14.12.2006