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Film ohne Langeweile

»Flutsch und weg« besticht durch viel Komik


Es trifft einen irgendwie unvorbereitet, aber »Flutsch und weg« ist ein wahnsinnig lustiger Film. Eigentlich durfte man gleich erwarten, dass sich hinter der Geschichte einer Hausratte, die in die Kanalisation gespült wird und nach Hause will, einiges verbirgt, denn der Film kommt aus dem gleichen Hause wie die kultigen Knetfiguren Wallace und Gromit. Mit Hilfe des US-Riesen »Dream Works« wagt sich mit »Flutsch und Weg« ein kleines britisches Studio - Aardman - erstmals in eine komplett Plastilin-freie computeranimierte Welt. Die unverwechselbare Optik der Figuren mit ihren großen Zähnen und runden Mündern wurde beibehalten; sogar Fingerabdrücke hat man hier und da per Computer plaziert.
Das Faszinierende an »Flutsch und weg«: Der Film wird nie langweilig. Die Handlung ist wirklich rattenschnell und voller Gags, und zwischendurch gibt es unzählige kleine Details zu entdecken, sei es das typische Wallace-Outfit auf der Kleiderstange der Hausratte Roddy, der echte Katzenfell-Teppich im Haus des Bösewichts, einer riesigen Kröte, oder das unterirdische Ratten-London, in dem Big Ben und Tower Bridge aus weggeworfenen Alltagsgegenständen nachgebaut sind.
Da düsen Ganoven auf Handmixern durch die Kanäle, als Auftragskiller taucht der Franzose Le Frosch mit einer Entourage aus nicht allzu hellen Ninjas und einem umwerfenden Pantomimen in Marcel-Marceau-Manier auf. England führt im Fußball-WM-Finale gegen Deutschland und wie ein (schleimiger) roter Faden ziehen sich ulkige Nacktschnecken durch den gesamten Film (Originaltitel: »Flushed Away«, weggespült).
Auch die alte Rivalität mit »Pixar«, dem Platzhirsch in der Computeranimation, wird verarbeitet. Gleich zu Anfang, auf dem Weg durch den Abfluss, stößt Roddy auf einen kleinen Fisch, der ganz wie der berühmte Nemo fragt: »Hast du meinen Vater gesehen?« Wenig später ist der Fisch auf einem Grill zu sehen.
»Pixar« wird Gelegenheit haben, sich zu revanchieren, wenn nächstes Jahr ihr eigener Ratten-Film »Ratatouille« in die Kinos kommt. Unter Regie von Brad Bird, der die monumentalen »Unglaublichen« auf die Leinwand zauberte, geht es dort um eine Gourmet-Ratte, die es schwer hat, in der Pariser Kanalisation ihre hohen Ansprüche ans Essen zu erfüllen. Auch wenn der »Pixar«-Film finanziell erfolgreicher sein wird, dürfte es ganz schön schwierig werden, ihn witziger als »Flutsch und weg« zu machen.
Wie es mit Aardman weitergeht, ist offen. Denn für den großen Partner »Dream Works« dürfte das mehr als 140 Millionen Dollar teure Rattenabenteuer - wie schon der vielgelobte und mit einem »Oscar« prämierte »Wallace & Gromit«-Film - ein Verlustgeschäft werden.

Artikel vom 07.12.2006