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Eltern »beobachten« das Lehrerverhalten

Fragwürdiges Anschwärzen beim Schulamt

Barbara Sommers Aufruf an Eltern, Lehrer, deren Verhalten sie für rechtswidrig halten, beim Schulamt zu melden, sieht dieser Leser sehr kritisch.

Die Mitteilung von NRW-Schulministerin Barbara Sommer zur Stichprobenerhebung im Unterricht und ihre Lobeshymne auf die Unterrichtsplanung gipfelte in dem Aufruf gleichsam zu einem Kesseltreiben gegen ihre dienstuntergebenen Lehrer. Man fühlt sich an Methoden jenseits der Mauer erinnert: Eltern sollen, wenn sie Lehrerverhalten für rechtswidrig halten, jene bei Schulamt oder Bezirksregierung sozusagen nach »Stasi-Art« melden. Dazu öffnet die Angabe von bereitgestellten E-mail-Adressen, wie ich meine, Tür und Tor für jedwede Beschwerde über Lehrer - in voller Anonymität.
Muss dann nicht der Post-Brief an alle Lehrer in NRW direkt nach den Sommerferien als Heuchelei gewertet werden, in dem engere, effektivere und lehrernähere Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium gelobhudelt wird? Ist das unter diesem Aspekt nicht reine Verschwendung von Steuergeldern?
Anzeige bleibt Anzeige, doch wer weiß schon genau, was rechtswidrig ist? Was soll ich nach 30 Jahren Dienstzeit einem jungen Menschen über seine Berufswahl Lehrer sagen: Negativierung des Lehrerberufs in der Öffentlichkeit, Verschlechterung in der gesundheitlichen Versorgung der Beihilfe, drastische Reduzierung der Eingangsgehälter, steuerliche Benachteiligung für die Hausarbeit, Verschleppen von dienstlichem Aufstieg und - Aufruf zum Anschwärzen von Dienstuntergebenen durch die oberste Dienstvorgesetzte und damit Verstoß gegen die gesetzlich verankerte Fürsorgepflicht von Staatsdienern?!
BERTOLD FRANZDipl.-Ing. und Oberstudienrat am CSB-Berufskolleg Metall/Elektroberufe33602 Bielefeld

Artikel vom 28.12.2006