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Jetzt ein Dreier gegen Bayer

Radim Kucera malocht an Rüdiger Kaufs Seite in Arminias Mittelfeld

Von Dirk Schuster
Bielefeld (WB). Der Große ist in der Schule, die Kleine im Kindergarten und seine Frau Pavla erledigt Weihnachtseinkäufe. Jetzt hat Radim Kucera Zeit für ein Interview. »Es ist mein erstes auf deutsch, ohne dass ich einen Übersetzer bei mir habe«, sagt der Tscheche.

Eine Stunde später fährt er sich mit dem Handrücken über die Stirn, so als wolle er sich den imaginären Schweiß wegwischen. Immerhin mit einem Lächeln im Gesicht. Die Mühe hat sich gelohnt. Denn hinter einem der unauffälligsten Fußballprofis von Arminia Bielefeld steckt ein Typ, der viel zu erzählen hat.
»Radim«, sagt Kucera als erstes, »gefällt mir eigentlich nicht so gut. Radim sagt nur meine Frau. Kutschi ist besser.« So nennen ihn seine Freunde, so wird er auch von den Kollegen bei Arminia gerufen. Seine Kinder sagen natürlich Papa. David, der wie sein Vater Fußball spielt, ist sieben und geht in die erste Klasse. Adela, sie spielt Tennis, ist fünf und besucht noch den Kindergarten. Die Kuceras leben im Bielefelder Stadtteil Quelle. »Hier ist es schön ruhig, wir haben tolle Nachbarn«, zieht die Familie des 32-Jährigen dem Großstadttrubel die Idylle vor.
Doch die Adventszeit lockt die Kuceras jetzt auch häufiger in die Innenstadt. »Der Weihnachtsmarkt in Bielefeld ist super. Überall riecht es gut, alles sieht schön aus.« Mit den Kindern ist »Kutschi« schon Riesenrad gefahren. »Das ist die richtige Geschwindigkeit für mich. Die schnellen Karussells mag ich nicht so gerne.«
Das ist wohl auch der Grund, aus dem sich Radim Kucera auch im Sommer, wenn sich das Profispielerkarussell auf Hochgeschwindigkeit dreht, so gut wie nie unter den Fahrgästen befindet. Zwölf Jahre FK Vigantice, drei Jahre Kaucuk Opava, sieben Jahre Sigma Olmütz - nur bei Frydek-Mistek und Hranice gab er relativ kurze Gastspiele. »Ich kann mir gut vorstellen, noch fünf, sechs oder sieben Jahre in Bielefeld zu bleiben«, sagt er. Kuceras Vertrag beim DSC endet im Sommer 2008. Dann ist er 34 Jahre alt. Ob dann verlängert wird, kann Kucera nicht sagen. Er könnte sich notfalls auch mit der 2. Liga anfreunden, aber das sei Zukunftsmusik.
Jetzt zählt nur Arminia Bielefeld. Und hier läuft für ihn alles rund. Das war in dieser Saison allerdings nicht immer so. Weil Neuzugang Thorben Marx beim DSC einen guten Start hatte, ließ Thomas von Heesen den Ex-Berliner die tragende Rolle im defensiven Mittelfeld spielen. Kucera: »Das war eine schwere Situation für mich, die ich nicht kannte. Damals bei Sigma Olmütz war die Konkurrenz nicht so groß wie hier. Außerdem war ich dort Kapitän und habe immer gespielt.« Doch Marx ließ nach und Kucera nutzte seine Chance. Gegen Cottbus wurde er eingewechselt, Arminia gewann 3:1 und gab mit Kucera keines der folgenden sieben Spiele verloren. Dabei dachte doch jeder, der Arminia-Aufschwung läge nur an Sibusiso Zuma. Kucera: »Ich habe kein Problem damit, wenn sich alle Augen auf ihn richten. Für mich ist Zuma der beste Spieler bei Arminia. Aber was zählt, ist die Mannschaft. Wir gewinnen zusammen und wir verlieren zusammen.« Zuma, betont er, sei eben der Mann für das Besondere. Und Radim Kucera? Diese Antwort gibt Trainer Thomas von Heesen: »Radim malocht genau so verrückt wie Rüdiger Kauf. Darum passen die beiden im Mittelfeld so gut zusammen.«
Auch gegen Leverkusen werden Kauf und Kucera Seite an Seite Schwerstarbeit leisten. »Es wäre gut, wenn wir noch vier, fünf oder sechs Punkte bis zur Winterpause holen würden. Dann wäre es eine sehr gute Hinrunde gewesen. Am besten, wir gewinnen gleich am Samstag gegen Leverkusen.«
Für Kucera ist der Zeitpunkt gekommen, das Gespräch zu beenden. »Wenn man Kinder hat«, sagt er, »hat man immer zu tun.« Außerdem müssen seine Frau und er regelmäßig nach Herford in die Sprachschule: Pavla zwei Mal, ihr Mann ein Mal. »Das ist wichtig«, sagt Radim Kucera. »Der Trainer legt großen Wert darauf, dass auf dem Platz und in der Kabine deutsch gesprochen wird.«

Artikel vom 02.12.2006