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Rollen ersetzen die Hände

Computermuseum zeigt die Zukunft der Entspannung

Von Dietmar Kemper
Paderborn (WB). »Die Sessel sind immer belegt«, sagt Wolfgang Menke vom Heinz Nixdorf Museumsforum Paderborn. Bei der Ausstellung »Computer.medizin« lassen sich die Besucher in die sechs, jeweils 4000 Euro teuren Kunstledersessel fallen und auf Knopfdruck massieren.

Nicht Hände verwöhnen, sondern die Rollen und Luftkammern des japanischen Herstellers Panasonic. »Automatisierung ist der Trend der Zeit«, erklärt Wolfgang Menke, medizintechnischer Berater im HNF. Die Sessel werden »von Masseuren nicht gern gesehen«, gibt Heinz von der Stein zu. Einige Menschen sähen das Gerät als Alternative zur Behandlung mit Händen an, bedauert der Landesvorsitzende des Verbandes Physikalische Therapie (VPT) in Bergkamen. Dabei könnten die Sessel den Masseur, Krankengymnasten oder medizinischen Bademeister nicht ersetzen.
Von der Stein betont: Der Masseur streiche über den Rücken, um Oberflächenspannungen, Hautbeschaffenheit und Temperaturunterschiede zu ertasten. Zeige sich, dass die Nierengegend weniger durchblutet ist, könne dies auf eine Erkrankung hindeuten.
Wenn die Kunstledersessel angeblich echte Hände nicht überflüssig machen, können interaktive Trainingsfahrräder genauso wenig die Natur ersetzen. Während der Freizeitsportler im Studio oder Hobbykeller in die Pedale tritt, sieht er auf einer Leinwand Bilder von der Tour de France. Er glaubt, mitten in der Etappe zu sein. »Fitness findet immer mehr ganzheitlich statt, Körper und Sinne werden zugleich angesprochen«, berichtet Jochen Viehoff, Kurator für den Ausstellungsbereich »Wellness und Alltag«.
Audiovisuelle Reize erhöhten Motivation und Trainingserfolg. Bewegungsmuffel auf Trab bringt der Schuh von Gillian Swan, Produktdesignerin in London. Er registriert die während eines Tages von einem Jugendlichen gelaufenen Schritte und übermittelt das Ergebnis an einen Computer. Der errechnet, wie lange der Teenager Fernsehen schauen darf. »Für eine Stunde Fernsehen müssen 10 000 Schritte gelaufen werden«, weiß Viehoff.

Artikel vom 02.12.2006