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Interessante Einblicke in die Justiz

Rumänischer Amtsrichter schaute deutschen Kollegen in Bielefeld zu


Bielefeld (uko). Einen Rechtskundeunterricht der besonderen Art gibt die Bielefelder Justiz derzeit für einen Gast aus Rumänien: Marius Josif, der Vizepräsident des Amtsgerichts Brasov (Kronstadt) war für drei Wochen in den Gerichten zu Besuch.
Der 34 Jahre junge Jurist spricht sehr gut Deutsch, war deshalb für den Austausch der Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit (IRZ) in Bonn und für die heimischen rumänischen Behörden ohne Zweifel erste Wahl. Marius Josif hat eine aus Siebenbürgen stammende deutschstämmige Ehefrau und absolvierte vor Jahren einige Gastsemester an der juristischen Fakultät Tübingen.
Seit zehn Jahren ist Marius Josif als Amtsrichter in seiner Heimatstadt tätig im früheren Siebenbürgen. Seit kurzem ist der Strafrichter als Vizepräsident des Amtsgerichts Brasov auch für Tätigkeiten in der Verwaltung zuständig.
Als die IRZ-Stiftung jetzt für Gäste aus Osteuropa Aufenthaltsorte und Unterkünfte suchte, sagte Christian Friehoff, Richter am Bielefelder Amtsgericht sofort zu. Der Bezirksvorsitzende des Deutschen Richterbundes beherbergte den rumänischen Kollegen drei Wochen lang privat. Beim Gedankenaustausch über die Justiz wurden Gemeinsamkeiten der Rechtssysteme beider Staaten recht schnell deutlich. Schon der Gerichtsaufbau der Instanzen ist in Rumänien, zweifellos an die romanischen Vorbilder Frankreich und Italien angelehnt, sehr ähnlich. „Natürlich gibt es Unterschiede“, sagte Marius Josif, „doch die sind nicht überwiegend.“ So kenne man in Rumänien das Prinzip des Strafbefehls ebenso wenig wie Einstellung in Strafverfahren. Strafen seien wesentlich härter, schwere Fälle von Diebstahl oder Körperverletzung werden in höheren Strafrahmen geahndet.
Seit dem Sturz der kommunistischen Diktatur sei die Prozessordnung nachhaltig geändert worden, im Zivilprozessrecht habe man an den napoleonischen Code Zivile angeknüpft. Allein die Einführung von Grundbüchern sei noch mangelhaft, werde aber besonders in Siebenbürgen vorangetrieben.

Artikel vom 01.12.2006