01.12.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Drei Tage und 15 Euro sind weg

Den Handy-Führerschein für Schüler gibt es bei der Verbraucherberatung

Bielefeld (sas). Drei bis vier Tage dauert es - dann sind die 15 Euro auf der Prepaid-Karte für Melindas Handy verbraucht. »Dann kaufe ich eine neue Karte«, erzählt die Sechstklässlerin. Da ist Klassenkamerad Frederik schon sparsamer. Zwei Monate reicht die 15-Euro-Karte bei ihm. »Aber ich muss sie auch von meinem Taschengeld bezahlen.«

Sechs Prozent der Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren haben nach einer Studie des Institutes für Jugendforschung im Schnitt bereits 370 Euro Schulden. Bei den 18- bis 20-Jährigen sind es immerhin 13 Prozent, die schon 1430 Euro Schulden haben. Eine Kostenfalle ist für die jungen Menschen das Telefonieren mit dem Handy. Und weil da längst auch das Herunterladen von Klingeltönen und Spielen zu Buche schlägt, hat die Verbraucherzentrale darauf reagiert - mit dem Angebot des Handy-Führerscheins.
Eine Klasse, die sich aufklären und informieren lassen wollte, ist die 6 a der Gesamtschule Stieghorst. In Begleitung von Dieter Böhl, der in der Klasse Arbeitslehre unterrichtet, haben zwölf Jungen und Mädchen der 6 a die Verbraucherberatung am Willy-Brandt-Platz besucht. Dort hat Birgit Westermann den Jugendlichen, von denen acht immerhin ein eigenes Handy - zumeist mit Prepaid-Karte - besitzen, erklärt, wo die Fallen sind.
Dass die Sperrtaste des Mobiltelefons verhindert, dass ungewollt in der Hosentasche eine Verbindung aufgebaut wird, war den Schülern klar. Ebenso, dass die PIN-Nummer einen Missbrauch durch Dritte verhindert. Und verleihen würde Lasse sein chices Handy auch nicht: »Sonst könnte ein anderer mein Geld verbraten.«
Wie schnell sie aber ihr Geld »verbrennen«, erstaunte die Gesamtschüler denn doch. Wer täglich drei SMS - kurze, schriftliche Textmitteilungen - verschickt, hat am Monatsende 17 Euro verbraucht. Die Jugendlichen hatten getippt, dass sie etwa fünf Euro »versimsen« würden. Und wer fünf Minuten mit seinem Handy telefoniert, könnte für das gleiche Geld das elterliche Festnetz-Telefon 50 Minuten lang blockieren. Nuray und Frederik macht das nachdenklich: Künftig werden sie von daheim nicht mehr mit ihrem Mobiltelefon Kontakt mit der Welt aufnehmen.
Dass es Klingeltöne gibt, für die man nur einmal zahlt und andere, bei denen man flugs ein Abonnement eingegangen ist, wussten die Jugendlichen bald besser als die Erwachsenen. Schließlich, verriet Lasse, sei seine Mama schon einmal auf ein Abo hereingefallen. Auch, dass Auslandsgespräche das Zwei- bis Dreifache von Inlandsgesprächen kosten, ahnten die Schüler. »Aber man wird auch zur Kasse gebeten, wenn man im Urlaub in Spanien oder in der Türkei angerufen wird«, warnte Birgit Westermann. Dann nämlich fallen Roaming-Gebühren im fremden Netz an.
»Alle Alarmglocken sollten bei Euch läuten, wenn es um 0900er-Nummern geht«, legte Westermann den Schülern ans Herz. Da kann auch ein Anruf aus dem deutschen Festnetz mit fünf Euro zu Buche schlagen. Beispielhaft dafür hatte die Verbraucherberaterin Werbung für eine Telefon-Bestell-Hotline mitgebracht - Werbung aus einer Jugendzeitschrift. »Immer das Kleingedruckte lesen!« mahnte sie, bevor sie noch auf die elektromagnetische Strahlung des Handys (am geringsten bei sehr gutem Empfang oder kurzen Gesprächen!) und die Etikette einging. Denn nicht immer und überall ist mobiles Telefonieren gerne gesehen.
Richtig nachdenklich geworden sind nach dieser besonderen Schulstunde Jeannine und Carolin. Sie wollen noch mehr auf die Kosten und Fallen achten. Auf ihre »Standleitung« mögen die Freundinnen Verena und Melina aber wohl auch künftig nicht verzichten. Auch wenn sie sich bis in den Abend gesehen haben, tauschen sie zur Nacht gerne noch Grüße aus. Und um bloß keine SMS oder einen Anruf zu verpassen, wird Melina ihr Straß-verziertes Handy auch künftig Tag und Nacht in Betrieb lassen. Auf Anrufe unbekannter Nummern werden aber auch sie sicher nie reagieren: Dahinter verbergen sich oft teure Telefonfallen. »Abzocke«, kommentieren die Schüler.

Artikel vom 01.12.2006