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Es weihnachtet
in den Betheler
Werkstätten

Produktion läuft auf Hochtouren

Von Uta Jostwerner
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Mit ohrenbetäubenden Kreischen dringt das Sägeblatt ins Birkensperrholz. Stück für Stück sägt Peter Liedke an der Formatkreissäge aus langen Latten kleine Quadrate. Noch erinnert nichts an die Kristallsterne, die daraus entstehen. Denn elf weitere Arbeitsschritte sind vonnöten, damit aus dem schlichten Stück Holz ein weihnachtliches Dekorationsobjekt wird.

In der Julia-von-Bodelschwingh-Werkstatt am Quellenhofweg 13 läuft die Weihnachtsproduktion auf Hochtouren. Kristallsterne und Kristallengel sind der Renner. Die Kombinationen aus schlichtem Holzblatt und glitzernder Kristallkugel gehen weg wie warme Semmeln. »Nicht nur auf dem Bielefelder Weihnachtsmarkt und in unserem Geschäft ÝMobileÜ wird verkauft, auch über einen Versandkatalog und das Internet können unsere kunsthandwerklichen Produkte bestellt werden«, erzählt Joachim Hügel, Abteilungsleiter der Julia-von-Bodelschwingh-Werkstatt, einer Einrichtung von »pro Werk«, dem Stiftungsbereich für Arbeit und berufliche Rehabilitation der Bodelschwinghschen Anstalten. Der Stiftungsbereich stellt Menschen mit Behinderung 1900 Arbeitsplätze zur Verfügung, 110 davon befinden sich, aufgeteilt auf die vier Arbeitsbereiche Montage und Verpackung, Textilwerkstatt, Stuhlflechterei sowie Holzwerkstatt, am Quellenhofweg.
In der Vorweihnachtszeit können die 35 Mitarbeiter der Holzwerkstatt schon mal ins Schwitzen geraten. Nicht nur, dass Hunderte von Weihnachtsaccessoires hergestellt werden müssen. »Die Kunden bestellen immer später. Da wir drei Wochen Liefergarantie versprechen, müssen wir uns ranhalten«, erklärt Tischlermeister und Werkstattleiter Martin Wolf.
Vor Weihnachten werden nicht nur die typischen Deko-Artikel verstärkt nachgefragt. Geschenkartikel wie das gepolsterte Tablett und die Clownsgarderobe für Kinder erfreuen sich ebenfalls erhöhter Nachfrage. »Soeben hat ein Kunde noch 60 Clownsgarderoben bestellt«, sagt Wolf.
Somit ist die Kopierunterfräse Gerds Arbeitsplatz auf unbestimmte Tage. Bewappnet mit einem Gehörschutz -Ê die Kreissäge macht Musik dagegen - fräst er die Rohform aus dem Holzrohling heraus. Ecken werden mit der Stichsäge nachgearbeitet, anschließend die Kanten geschliffen sowie Bohrungen für Nase, Hände und Aufhänger angebracht.
Zwei Räume weiter tauchen Monika und Kornelia ihre Pinsel in beige Farbe und bemalen damit die Hände, die später am Garderobenclown angebracht werden. Ein paar Meter weiter arbeitet Manuela, die die Nasen des Clownsgesichtes rot anmalt.
An einem anderen Arbeitsplatz stapeln sich Engel aus Sperrholz, die frisch aus der Holzverarbeitung gekommen sind, wo sie ausgesägt, nachgeschliffen und geölt wurden. Iris Winkel verbindet sie mit je einer Kristallkugel und voilá: fertig ist der Kristallengel. »Hier ist alles Handarbeit«, betont Martin Wolf.
Gleichwohl müssen die Werkstätten wirtschaftlich und nach Qualitätsmanagement-Standards arbeiten. »Wir müssen unsere Planzahlen erfüllen. Das Geld wird durch die Produktion erwirtschaftet«, sagt Joachim Hügel. Für jeden Platz indes, den »pro Werk« zur Verfügung stellt, erhält die Stiftung Tagessätze der Trägereinrichtungen. Sie werden zum Großteil zur Deckung der Personalkosten verwendet.

Artikel vom 02.12.2006