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Anton macht Showbiz-Karriere

Jack-Russell-Terrier spielt sich selbst in Tschechows »Kirschgarten«

Von Burgit Hörttrich und Hans-Werner Büscher (Foto)
Bielefeld (WB). Der neue Star im Stadttheater heißt Anton, ist sechseinhalb und spielt sich selbst: Hund. Der Jack-Russell-Terrier hat zwei stets beklatschte Auftritte in Tschechows Komödie »Der Kirschgarten«.

Dass Anton obendrein ein Namensvetter Anton Tschechows (1860-1904) ist, ist - ehrlich - reiner Zufall. Antons Pate ist Erich Kästner: Nach dessen berühmtem Kinderbuch »Pünktchen und Anton« wurden Anton und seine fünf Minuten jüngere Schwester Pünktchen benannt. Obwohl sich die beiden Hunde äußerlich ähnlich sehen, hat es nur Anton zum Bühnenstar gebracht.
»Pünktchen ist zu schüchtern,« sagt Herrchen Armin Piepenbrink-Rademacher, Pfarrer von Altstadt Nicolai. Für seine Rolle musste Anton nichts weiter dazu lernen: seinen Menschen an der Leine hinterherziehen, die Ohren fliegen lassen und Bellen, das beherrscht er längst. Dabei steht das Bellen eigentlich nicht im Textbuch, wird von seinen Mitspielern aber einfach Antons Lampenfieber zugeschrieben. Man hat Verständnis. Schauspieler Stefan Hufschmidt, der im »Kirschgarten« den Boris Borissowitsch Simeonow-Pischtschik spielt, hat Anton die Rolle verschafft. Es geht eben nichts über Beziehungen. Gerade im Showbiz.
Inzwischen bringen Armin Piepenbrink-Rademacher oder seine Töchter Almut und Wiebke, 18 und 16 Jahre alt, den Vierbeiner zwischen seinen beiden Auftritten nach Hause. Piepenbrink-Rademacher: »Hinter der Bühne wird er sonst viel zu sehr verwöhnt.« Schon bei der Premierenfeier von »Kirschgarten« habe Anton soviel Bewunderung geerntet, dass er, so Piepenbrink-Rademacher mit einem Augenzwinkern, er schon »ernsthaft über Autogrammkarten mit Pfotenabdruck« nachgedacht hätte. Auch bei Spaziergängen mit Pünktchen und Anton würde weder ihm noch Pünktchen von Theatergängern die geringste Beachtung geschenkt: »Alle begrüßen nur Anton . . .« Selbst Pünktchen fände das ein wenig merkwürdig - schließlich ist sie mindestens ebenso niedlich.
Die Hundegeschwister leben seit ihrer Welpenzeit im Pfarrhaushalt und wissen längst, wie es im Theater zugeht. Zumindest theoretisch. Nicht nur Piepenbrink-Rademacher und seine Frau besuchen gern Vorstellungen, Tochter Almut wirkt zurzeit als Statistin in der Oper »Ödipus« mit und denke sogar darüber nach, Schauspielerin werden zu wollen. Was Premieren-Aufregung bedeutet, wissen ihre Eltern dank Anton. Piepenbrink-Rademacher: »Bei der ersten 'Kirschgarten'-Vorstellung haben wir uns extra auf den Rang gesetzt, um Anton nicht zu irritieren. Schließlich wollten wir ihn nicht um seinen Triumph bringen.« Antons nächste Auftritte im »Kirschgarten« sind zu bewundern am 7., 13., 30. Dezember.

Artikel vom 01.12.2006