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Wie die Stadt die Luft aus
des Bürgers Träumen lässt

Tierpension in Jöllenbeck - der Streit geht weiter

Von Matthias Meyer zur Heyde
Bielefeld (WB). Gegen den Standort der Tierpension der Aidshilfe an der Spenger Straße sprechen sich 49 Bürger aus. Hauptgrund für ihren Ärger: Weil die Stadt Partei ist, ist eine Baugenehmigung kein Problem. Dem nicht mit der Stadt verbandelten Bürger aber werden unüberwindbare Hürden errichtet.

»Egal wohin wir mit der Tierpension ziehen - wir entfachen nirgendwo Begeisterungsstürme«, erkannte Baudezernent Gregor Moss. Frank Högelow (Spenger Straße 99) kann ihm erzählen, warum der Jubel ausbleibt.
»Mein beruflicher Traum war einst eine Hundepension, deren Bau ich am 13. August 1992 beantragt habe«, sagt Högelow, der heute einen Tierfutterhandel betreibt. »Im Glauben, die Baugenehmigung sei nur eine Frage der Zeit, habe ich 1993 Haus und Grundstück, 7000 Quadratmeter, gekauft. 5000 Quadratmeter liegen jetzt brach.«
l Städtische Hürde Nummer 1: Beim Bau von Zufahrten, die von Landstraßen auf bis zu 40 Meter entfernte Grundstücke führen, hat das Landesstraßenbauamt ein Einspruchsrecht. Die Spenger Straße ist eine Landstraße. Die »Zuwegung« (Fachjargon) zum Haus Nr. 99 hat seit 1910 niemanden aufgeregt. »Als ich jedoch die Hundepension beantragte, drohte die Stadt mir mit Entzug der Genehmigung«, sagt Högelow.
Dann hätte er sein Haus nur noch per Hubschrauber erreichen können. Eine Zufahrt vom Schlottkamp, der keine Landstraße ist, wollte die Stadt gestatten, aber die hätte Högelow erst mal bauen (und finanzieren!) müssen. Bei der Zuwegung von der Spenger Straße zur geplanten Tierpension der Aidshilfe hingegen erhebt die Stadt keine Einwände.
l Städtische Hürde Nummer 2:
»Voraussetzung für die Baugenehmigung sei die Zustimmung sämtlicher Nachbarn«, sagt Högelow. Also fragte er die Nachbarn, und alle gaben ihr Placet. Beim aktuellen Projekt fragt niemand nach Zustimmung.
l Städtische Hürde Nummer 3: »Ein städtischer Gutachter kam zu dem Schluss, dass der zu erwartende Lärm - Hundegebell - zu groß wäre, als dass man ihn den Nachbarn würde zumuten können«, erinnert sich Högelow. Zwar hatten die Umlieger bereits ihr Einverständnis gegeben, aber Högelow bot trotzdem den Bau eines Lärmschutzwalls an.
l Städtische Hürde Nummer 4: Die Stadt versagte Högelow den Bau des besagten Lärmschutzwalls, weil er nicht in die Landschaft passe. »Das hat mir das Genick gebrochen - nach mehr als zwei Jahren hatte sich mein Traum endgültig verflüchtigt.« Beim Projekt der Aidshilfe sind Wälle kein Problem mehr; in vier Wochen soll das Projekt genehmigt sein.
Da werde mit zweierlei Maß gemessen, zürnt der düpierte Jöllenbecker. Er fragt sich auch ganz konkret, mit welchem Zollstock die Stadt überhaupt misst: »Baudezernent Moss spricht von einem Abstand von 140 Metern zwischen der geplanten Tierpension und meinem Grundstück. Tatsächlich sind es nur 90 Meter von meinem Haus bis zum Zaun.«
Die Enttäuschung darüber, dass er jeden Tag auf 5000 Quadratmeter zwangsweise ungenutzt bleibenden Eigentums blicken muss, während 90 Meter weiter andere ihre Träume unbeschwert ausleben dürfen, ist Bürger Högelow deutlich anzumerken.
Er ficht nicht als Einzelkämpfer: Mittlerweile hat sich eine »Interessengemeinschaft Tierpension« konstituiert. Die hofft nun darauf, dass bei der morgigen Sitzung der Jöllenbecker Bezirksvertretung die »Volksvertreter« nicht (wie vordem in Oldentrup) desinteressiert abwinken und das Thema müde zu einem »Geschäft der laufenden Verwaltung« erklären.

Artikel vom 06.12.2006