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Ein Fläschchen mit Copacabana-Sand

Beachhandball-WM in Rio: Janet Kliewe gewinnt mit Deutschlands Nationalteam Silber

Von Johnny Dähne
Bielefeld (WB). Eine Silbermedaille, ein Fläschchen Sand und jede Menge neuer Erfahrungen in mehr als 10 000 Kilometer Entfernung: Die Teilnahme an der Beachhandball-Weltmeisterschaft in Brasilien direkt an die Copacabana hatte für Janet Kliewe, geborene Grunow, einige Höhepunkte parat.

Die dreimalige deutsche Hochschulmeisterin im Handball mit dem Team der Universität Bielefeld kam kürzlich in den Genuss, auf dem berühmtesten Strand der Welt die Sonne zu genießen, zu trainieren und während der fünf Wettkampftage um internationale Ehren zu kämpfen. »Bis auf zwei Regentage hatten wir super Wetter. Der größte Unterschied zu Deutschland sind natürlich die viel höheren Temperaturen und die große Luftfeuchtigkeit«, erinnert sich Janet Kliewe an schweißgetränkte Sportbekleidung.
Neben dem humiden Klima in Rios größtem Sandkasten setzte der langjährigen Ex-Bundesliga- und Hallennationalspielerin, die in ihrer Karriere für Mainzlar, Blomberg und Dortmund spielte und 2003 mit den Schwarz-Gelben den Challenge-Cup gewann, am zweiten Tag ein kleiner Muskelkater zu, der nicht zuletzt durch den »weißen, sehr feinen Sand« (Kliewe) bedingt war. Keine wirklich guten Voraussetzungen also für die vorrangig mit Zweitliga- und Regionalligspielerinnen gespickte Auswahl um Trainerin Andrea Ladig aus Oberlübbe.
»Vor dem Turnier wurden wir von vielen Experten maximal mit Außenseiterchancen bedacht,« so Kliewe, die mit ihrem Team allerdings eine als relativ einfach eingeschätzte Fünfergruppe erwischte. In der imposanten Petrobas Arena, die fünftausend Menschen Platz bot, spielten Kliewe & Co. gegen Italien und die Dominikanische Republik souverän ihren Stiefel runter und gewannen jeweils glatt. Auch am zweiten Tag gegen Mitfavorit Ungarn benötigte Team Deutschland ebenfalls nur zwei Sätze, um den vorzeitigen Einzug in die Hauptrunde perfekt zu machen.
Große Zeit und Lust, außerhalb des fünf Minuten vom Strand entfernten Luxor Continental Hotels diesen Teilerfolg zu feiern, hatten die Sanddamen nicht. »Wir sind von der Organisation vor Ort darauf hingewiesen worden, vor allem nachts nur in Gruppen unterwegs zu sein. Einerseits ist Rio sehr faszinierend, doch es herrscht dort auch eine unglaubliche Armut in den Favelas«, gab es für Kliewe und ihre Mitstreiterinnen einen wahren Verhaltenskatalog für ihren Aufenthalt.
Sportlich ließ sich die 33-jährige Schwester des langjährigen TSG-spielers »Kiki« Grunow, die vorrangig in der Abwehr eingesetzt wurde, mit ihrem Team nicht aufhalten. Nach dem letzten Vorundenspiel gegen Kroatien, das 2:1 gewonnen wurde, stand die Hauptrunde an. Weder die Türkinnen noch die hoch gewetteten Russinnen waren auf dem Weg ins große Finale kein Stolperstein.
Gegner in der mit gut 2000 Zuschauern gefüllten Petrobas Arena war Gastgeber Brasilien, bis dato ebenfalls unbesiegt. Nach den Nationalhymnen beider Teams erwischte Team Deutschland einen äußerst ungünstigen Start und lag schnell mit 0:10 zurück. »Wir sind in der Abwehr nicht ins Spiel gekommen und hatten vorne großes Wurfpech«, so Kliewe, die mit ihren Kolleginnen dann aber nochmal aufkam. Am Ende ging der erste Durchgang knapp mit 18:20 verloren.
Im zweiten Abschnitt hielten die Deutschen die Partie offen, unterlagen schließlich aber 12:16. »Wenn die Halbzeiten zwei, drei Minuten länger gedauert hätten,« trauert Kliewe der großen Chance auf den Titel ein wenig hinterher, »wäre es vielleicht anders ausgegangen. Die Brasilianerinnen haben im Endeffekt die Goldmedaille verdient. Die waren schon sehr athletisch und ware vor der WM zwei Wochen im Trainingslager.«
Nach Siegerehrung und Medaillenübergabe ging es bis zur Abreise auf große Sightseeing-Tour durch Rio, wobei auch das überfüllte Vergnügungsviertel Copacabana nochmal abschließend besucht wurde. »Das ist schon unglaublich, wie viele Leute da am Strand sind und vor allem Volleyball und Fußball spielen«, kam die frühere Bielefelder Studentin aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Artikel vom 01.12.2006