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Selbst gemachte Sprache
»Ideesamkeit« bietet Begriffe vom »Augicker« bis zum »Zuschauhörer«
Karsten Spilling beschäftigt sich viel mit Sprachen. Auch mit Wörtern, die es gar nicht gibt. Aber vielleicht geben sollte? Wer mit Begriffen wie »Knüpfung«, »verkleinstigen« und »jahresringblondiert« nicht viel anfangen kann, der sollte mal auf der Internetseite des 31-jährigen Bad Oeynhauseners nachsehen: www.ideesamkeit.de.
Liest man sich die Übersetzungen der seltsam klingenden Wörter durch, so wird schnell klar, dass eine gewisse Logik hinter den Begriffen steckt. So ist die »Knüpfung« viel deutscher als der »Link«, das »Verkleinstigen« soll das »Minimieren« verständlicher machen. Und jemand, der »jahresringblondiert« ist, sollte dringend einmal zum Frisör gehen, um sich den Haaransatz nachfärben zu lassen.
Karsten Spilling begann mit seiner Homepage bereits vor etwa fünf Jahren. Auf die Idee kam er, als er im Internet auf eine ähnliche, inzwischen aufgegebene Seite traf. Diese listete neue Wortschöpfungen mit ihren Erklärungen auf. Nutzer konnten Vorschläge einschicken, und diese wurden dann veröffentlicht. Oder eben auch nicht. »Ich habe mich sehr darüber geärgert, dass nur ein kleiner Teil meiner Vorschläge ins Netz gestellt wurde. Viele tolle Ideen fanden auf der Seite einfach keinen Platz«, erinnert sich Karsten Spilling. »Da habe ich mir gedacht, dass ich einfach meine eigene Homepage mache, auf der alle meine Neuschöpfungen ausgestellt werden können.«
Gedacht, getan - und so wurde www.ideesamkeit.de geschaffen.
Mit den Jahren fanden dort nicht nur Karsten Spillings Worte Platz, sondern auch zahlreiche Beiträge von Freunden und anderen Nutzern. So ist der »Augicker« vielleicht der bessere Optiker und der »Zuschauhörer« macht endlich klar, was so ein Publikum tut.
Aber auch Gedichte, kleine Geschichten und umgedichtete Bibelverse sind auf der Internetseite zu finden. »Ich habe Theologie studiert und übersetze heute Bibelverse. Schön wäre es, wenn Jugendliche damit einen besseren Draht zur Bibel bekämen«, wünscht sich Karsten Spilling.
Täglich etwa 150 Nutzer erschaffen für die »Ideesamkeit« fleißig neue Wörter und Texte. »Wir haben verschiedene Rubriken, in die sich die Wörter einteilen lassen. Von Kinderwörtern über Lebensgefühl bis hin zur Chemie. Alle Bereiche sollen Platz finden«, erklärt Karsten Spilling.
Sein großer Wunsch ist es, eine Art Wörterbuch herauszubringen. »In diesem Buch sollten dann Wörter erklärt werden, aber auch kleine Geschichten zur Entstehung Platz finden«, berichtet er über seine Idee.
Doch auch wenn dieser Traum nicht Wirklichkeit werden sollte, wird sich Karsten Spilling weiter mit Sprache beschäftigen und neue Worte erschaffen. Und seine etwas andere Internetseite ist auch für Menschen ansehenswert, die sich sonst nicht mit Sprache beschäftigen. Gedichte, Texte und lustige Wortschöpfungen laden zumindest zum Lachen ein. Julia Höft
www.ideesamkeit.de

Artikel vom 09.12.2006