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Gericht: War kein Freikauf

Ackermann verschwindet wortlos

Von Frank Christiansen
Düsseldorf (dpa). Sein Abgang glich eher einer Flucht. Kurz nachdem das Landgericht den Mannesmann-Prozess eingestellt hatte, verschwand Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wortlos durch eine Nebentür im Gerichtssaal, die üblicherweise für inhaftierte »schwere Jungs« benutzt wird.

Fast sieben Jahre nach den umstrittenen Prämien- und Pensionsbeschlüssen im Mannesmann- Aufsichtsrat mit einem Volumen von 57 Millionen Euro hat Ackermann für 3,2 Millionen Euro die Anklagebank verlassen.
Binnen 15 Minuten hat der Vorsitzende Richter Stefan Drees das letzte Kapitel im spektakulärsten deutschen Wirtschafts- Strafverfahren gestern wie erwartet geschlossen. Nur wenn die sechs Angeklagten die insgesamt 5,8 Millionen Euro Geldauflagen nicht zahlen würden, könnten sie erneut belangt werden. Ansonsten gelten sie vom Vorwurf der schweren Untreue oder der Beihilfe dazu befreit - somit als unschuldig und nicht vorbestraft.
Mit der Einstellung des Verfahrens folgt das Gericht einem erst Mitte der 70-er Jahre ursprünglich für »kleine Fische« geschaffenen Fluchtweg aus und vor dem Gerichtssaal, der inzwischen zu einem Hauptausgang der deutschen Justiz geworden ist: der Paragraf 153a der Strafprozessordnung, der die Gerichte davor bewahren sollte, von Bagatelldelikten erstickt zu werden. Mehr als 126000 Verfahren wurden allein im Jahr 2003 auf diese Weise erledigt.
Schon Alt-Kanzler Helmut Kohl musste auf diese Weise gar nicht erst als Angeklagter im Gerichtssaal erscheinen. Dabei sieht das Gesetz vor, dass eine Einstellung nur möglich ist, wenn mit der Geldauflage das »öffentliche Interesse an der Strafverfolgung« beseitigt werden kann.
Den Angeklagten müsse zugute gehalten werden, dass keiner der hochkarätigen Rechtsberater und Wirtschaftsprüfer ausdrücklich von dem umstrittenen Prämienregen für ehemalige Mannesmann-Manager abgeraten habe. Zahlreiche Rechtsfragen seien im Jahr 2000 ungeklärt gewesen. Zudem habe der Mobilfunkkonzern Vodafone, zum fraglichen Zeitpunkt im Besitz von 98 Prozent der Mannesmann-Aktien, die Beschlüsse abgesegnet. Sogar ein Staatsanwalt habe damals die Sache geprüft und für rechtmäßig befunden.
Ausdrücklich widersprachen Gericht und Staatsanwaltschaft dem Vorwurf, die begüterten Angeklagten würden sich mit ihrem Geld freikaufen, es handele sich gar um einen Ablasshandel. Der massenhaft genutzte Paragraf 153a sei »keine Vorschrift, die Reiche begünstigt«, betonte das Gericht. Begüterte Angeklagte dürften aber auch nicht benachteiligt werden. Ob der Mannesmann-Prozess die in die Kritik geratene Höhe der Manager-Bezüge dämpfen wird, ist zweifelhaft.
Ackermann kann nun aufatmen. Er sei »erleichtert und froh«, ließen seine Verteidiger wissen, als ihr prominenter Mandant bereits in den Katakomben des Gerichtes abgetaucht ist. Das »zu Unrecht wieder aufgenommene Verfahren ist jetzt auf verträgliche Weise erledigt worden«.

Artikel vom 30.11.2006