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Als Spitzenreiter
nach Barcelona

Bremer Feiertag vor dem Endspiel

Von Klaus Lükewille
Bremen (WB). Barcelona? Wer ist Barcelona? In den Tagen vor dem Anpfiff zählte nur Hertha. Das war der nächste Gegner. Stellungnahmen zum Champions-League-Endspiel hatte Werder-Trainer Thomas Schaaf strikt untersagt.

Die Berliner vor Augen, aber Barcelona immer schon im Hinterkopf. Als die Bremer mit einem 3:1-Vorsprung in die Pause gingen, war dieses Liga-Duell bereits abgehakt. »In der zweiten Halbzeit haben wir einen Gang rausgenommen«, berichtete Tim Borowski. 3:1, das war dann auch der Endstand und die Rückkehr an die Tabellenspitze. Der Schaaf-Kommentar: »Wir haben uns später das Leben selbst schwer gemacht. Da mussten wir viele weite Wege gehen, das war so nicht geplant. Aber die erste Hälfte war sehr, sehr gut. Da habe ich mit viel Spaß zugesehen. Wir sind glänzend ins Spiel gekommen. Das wünsche ich mir auch für Dienstag.«
Wenn das große Duell (20.45 Uhr/Premiere) in Barcelona steigt. Torwart Tim Wiese bewertete den ersten Spielabschnitt gegen die Berliner sogar als »Weltklasse-Leistung«. Ziemlich nah dran an diese Note waren sie wirklich, die stürmischen Norddeutschen. Höchste Konzentration und Präzision wird aber auch am 5. Dezember im Hexenkessel von »Nou Camp« nötig sein, wenn Werder die Sensation schaffen will.
»Wir fahren ja nicht als Touristen nach Barcelona«, sagt Torjäger Miroslav Klose. Aber alle Bremer wissen natürlich, wie heiß es in dieser Partie werden dürfte. Garantiert nicht so leicht wie gegen Hertha, die im Weserstadion früh auf die Verliererstraße rutschte. Trainer Falko Götz musste zugeben: »Wenn man gegen Bremen nach 45 Minuten 1:3 hinten liegt, ist das Spiel normalerweise gelaufen. Dabei hatten wir uns so viel vorgenommen.« Denn in den letzten beiden Duelle in Bremen ging Hertha immer als Sieger vom Platz. Angst vor dem Angstgegner hatte der Hausherr jetzt aber keine Sekunde und setzte am ersten Advents-Wochenende ein 45-Minuten-Glanzlicht in dieser insgesamt eher trüben 15. Liga-Runde.
Werder holte den Dreier - und die Konkurrenz spielte ihnen in die Karten. VfB Stuttgart 0:0 in Mainz, Bayern gegen Gladbach nur 1:1. Die Schalker kamen beim 1. FC Nürnberg ebenfalls nicht über ein Unentschieden hinaus und rutschten auf Rang zwei. »Es war auch wichtig, dass wir die Berliner weiter auf Distanz halten konnten. Die stehen jetzt schon sechs Punkte hinter uns«, strahlte Sport-Direktor Klaus Allofs beim Betrachten der Tabelle. Nur Torsten Frings freute sich nicht so besonders über den Bremer Tag: »Wenn wir vor ein paar Wochen nicht diese kleine Schwächephase gehabt hätten, wären wir doch schon längst Halbzeit-Meister.«
Aber dann blickte der Kapitän nicht mehr lange im Zorn zurück, sondern nach vorn: »Jetzt geht's nach Spanien. Wir brauchen zwar nur ein Unentschieden, aber das wird auch schon sauschwer. Barcelona ist besser als Berlin.«
Ein kleiner Witzbold, dieser Frings. Natürlich ist der Titelverteidiger der Champions League eine ganz andere Hausnummer. Aber dafür drückt mindestens ein Berliner am Dienstag den Bremern die Daumen. Trainer Falko Götz verabschiedete sich von seinem Kollegen Schaaf: »Alles Gute, Thomas. Haut sie weg. Ich werde vor dem Fernseher mitfiebern. Bei diesem Spiel bin ich Werder-Fan.«

Artikel vom 04.12.2006