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Nanny hilft
Zuckerkranken

Schon 30 Frauen in NRW im Einsatz

Von Dietmar Kemper
Friedrichshafen(WB). Bei Notlagen in Familien helfen »Diabetes-Nannies« den zuckerkranken Kindern. Die Idee der Stiftung Dianino in Friedrichshafen stößt auf große Resonanz. »Im nächsten Jahr setzen wir das Projekt in Berlin und Sachsen um«, sagte gestern Dianino-Gründerin Ingrid Pfaff.

In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gibt es bereits jeweils 30 Diabetes-Nannies. Das »Herz- und Diabeteszentrum NRW« in Bad Oeynhausen arbeitet mit der Stiftung zusammen und richtete Ende August einen Workshop aus, in dem Frauen über ihre Aufgabe und rechtliche Situation informiert wurden. Bei den Nannies handelt es sich zumeist um Kinderkrankenschwestern, Diabetes-Beraterinnen oder Mütter, die Erfahrung im Umgang mit Diabetiker-Kindern haben.
25 000 Jungen und Mädchen sind in Deutschland zuckerkrank - Tendenz steigend. »Für sie ist die Kindheit vorbei«, betont Ingrid Pfaff, selbst Mutter eines kranken Sohnes. Mit Freunden Cola trinken, das geht nicht mehr. Im Gegensatz zu ihren Schulkameraden müssen die Heranwachsenden Blutzucker messen und zu festgelegten Zeiten essen. »Die Krankheit wird total unterschätzt«, weiß Ingrid Pfaff. Deshalb seien nicht nur Kinder, sondern auch viele Eltern überfordert. Wenn Kinderärzte die Versorgung in den Familien für nicht gesichert erachten, springen die Diabetes-Nannies vor Ort ein, beraten, klären auf und sorgen dafür, dass die Kinder regelmäßig Insulin spritzen und essen.
»Wir können uns vor Anfragen aus Kinderkliniken nicht retten«, sagte Pfaff gestern dieser Zeitung. Bei Krankheiten, Scheidungen oder Todesfällen in der Familie könne der Alltag aus den Fugen und der Diabetes des Kindes ins Abseits geraten - mit gefährlichen Folgen für die Gesundheit. Die Nannies könnten hier Schlimmeres verhindern. Ihr Aufenthalt ist für die Familien kostenlos. Von der Stiftung erhalten die Helferinnen eine Aufwandsentschädigung von 30 Euro pro Besuch sowie Fahrtkosten. Länger als vier Wochen sollen sich die Nannies nicht in den Familien aufhalten. »Bis dahin muss eine dauerhafte Lösung gefunden werden«, betonte Ingrid Pfaff (44), die die Dianino-Stiftung im November 2004 gründete.
Dem Kuratorium gehören Kinderdiabetologen und Psychologen, betroffene Mütter sowie Vertreter des Diabetikerbundes und der Pharmafirma Roche Diagnostics an. Die Arbeit finanziert Dianino allein aus Spenden. Familien, die die Hilfe einer Diabetes-Nanny wünschen, müssen sich erst an ihren Kinderarzt wenden.

Artikel vom 30.11.2006