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Angriff auf Mädchen (9)
als Nötigung bestraft

Sexuelle Motivation war nicht festzustellen

Bielefeld (uko). Die Unterbringung in die Psychiatrie blieb ihm erspart, lediglich wegen Nötigung wurde der Bielefelder Friedhelm F. (36) zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe verurteilt. Das Landgericht Bielefeld ahndete so den Angriff des wegen eines Sexualdeliktes vorbestraften Mannes auf ein erst neunjähriges Mädchen.

Am 16. Dezember 2005 spielte sich die bedrohliche Szene spielte sich im Bereich einer Grünanlage am Thüringer Weg ab. Die zehnjährige Sandra (alle Namen geändert) wurde urplötzlich von hinten gepackt, ein Unbekannter legte ihr seine Hand vor das Gesicht. Energisch wehrte sich das Mädchen, es biß dem Unhold in den Finger. Der Mann verschwand. Als mutmaßlicher Täter wurde nur wenige Tage später der 36-jährige Friedhelm F. ermittelt, obwohl die Kinder den Mann nicht eindeutig identifizieren konnten. Der Mann hatte sich zum Zeitpunkt der Tat in unmittelbarer Nähe des Tatortes aufgehalten. Friedhelm F. gab die Tat in einer ersten Vernehmung vor der Kriminalpolizei zu. Zu seinem Motiv machte er allerdings keine Einlassung.
Zu Beginn der Hauptverhandlung vor der 3. Strafkammer des Landgerichts ließ F. die Vorwürfe der Anklage jedoch rundweg zurückweisen. Er habe damals nur gestanden, was die Polizisten »hören wollten«, erklärte sein Verteidiger. Friedhelm F. ist den Strafjuristen kein Unbekannter: 2002 wurde der Bielefelder erst wegen der Vergewaltigung und des schweren sexuellen Missbrauchs eines damals erst zwölfjährigen Mädchens zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Festgestellt worden waren seinerzeit F. die miserablen Umstände, unter denen der Angeklagte als eines von zwölf Geschwistern aufgewachsen war. Nach diversen Straftaten als Jugendlicher war F., der einen Intelligenzquotieten von nur 51 hat, auf dem Wittekindshof in Bad Oeynhausen aufgewachsen. Später lebte er im Kirmesmilieu und auf einem Ponyhof, wo auch die Vergewaltigung geschah.
Ein Sachverständiger hatte bei dem Angeklagten neben der Intelligenzminderung ein hirnorganisches Psychosyndrom sowie einen Hang zur Pädophilie festgestellt. Die Richter sahen diesen Aspekt als Schuldmilderung an. Die Tat indes sei zweifelsfrei bewiesen. F. habe »eine ungestörte Kontaktaufnahme« mit dem Mädchen erreichen wollen, sagte Kammervorsitzender Reinhard Kollmeyer zur Begründung des Urteils. Allerdings sei die Tat nur schwer juristsich zu bewerten gewesen. Freiheitsberaubung komme als Delikt nicht in Frage. Der Mann, der »anwaltlich nicht gut beraten« gewesen sei, könne nur wegen Nötigung zu einem halben Jahr Freiheitsstrafe verurteilt werden, die er auch absitzen müsse.

Artikel vom 30.11.2006