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Seit 50 Jahren Meister
von Wellen und Farben

Friseurinnung zeichnet Figaro Manfred Tschirsky aus


Von Michael Diekmann
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). »Schöne Frisuren sind meine Leidenschaft«, sagt Manfred Tschirsky. Seine Augen leuchten, wenn er begeistert von Farben, Tönungen und Wellen erzählt, von liebevoll angefertigten Damenfrisuren. Haare zu schneiden, da ist der Figaro ehrlich, erledigt er lieber nebenbei.
Schere und Kamm hat er in der rechten Kitteltasche, so wie immer. »Ich freue mich auf jeden Tag in meinem Beruf«, sagt der »Marathon-Friseur« von Oldentrup. Samstag bekommt Tschirsky von der Innung den Goldenen Meisterbrief für 50 Jahre meisterliches Frisieren. An der Schere ist der Jubilar schon viel länger. Vor 62 Jahren, mit 14, war der junge Schulabgänger in seinem Geburtsort Bautzen in die Lehre gekommen, mit 17 schon Geselle. Und wenig später Bielefelder. Gemeinsam mit einem Freund, erinnert sich Tschirsky, sei er noch vor der Währungsreform nach Westfalen gekommen.
»Salon Nicole« steht an dem Geschäft an der Oldentruper Straße 278. Seit 1969 gibt es den Salon, der heute den Namen von Tochter Nicole (37) trägt, der von Tschirsky aber auf den »Fundamenten eines ehemaligen Haushaltsgeschäftes« eingerichtet worden war. Selbstständig gemacht hatte sich der Figaro schon im Dezember 1956, nur zehn Monate nach der Meisterprüfung.
Es war die Zeit der kalten Dauerwelle, erzählt der Fachmann. Die Zeit der heißen elektrischen Haarverformung war endlich vorbei. Es wurde sprichwörtlich gewickelt, was das Zeug hielt und die Haare her gaben. Die Damen der damaligen Zeit trugen Röhrenhosen und Ballarinas, die Herren Fasson-Schnitt. Damals, 1959, ließ sich Tschirsky mit seinen drei Friseurinnen vor dem ersten Salon an der Apfelstraße ablichten. Zu zwei der damaligen Mitarbeiterinnen, freut sich der Meister, halte er bis heute Kontakt.
Seit 1969 ist Tschirsky langsam aber sicher zum Oldentruper geworden: »Ein lebenswerter Ortsteil.« Eine Vielzahl von Stammkunden schätzt die Fingerfertigkeit des Seniorchefs und das Beherrschen alter Frisiertechniken Irgendwann, wenn die Enkel größer sind, soll Tochter Nicole das Geschäft mit drei Mitarbeiterinnen übernehmen. Für den Senior noch lange kein Grund, kürzer zu treten. »Mit 66 Jahren«, schmunzelt Tschirsky und zitiert den Udo-Jürgens-Hit: »Selbst mit 76 ist noch lange nicht Schluss.« Im Gegenteil: Täglich von neun bis 13 Uhr wäscht und legt der Chef im Salon. Ach ja: Bei fehlender Mobilität kommt der Senior sogar nach Hause. Dienstleistung ist eben keine Frage des Alters, sondern der Einstellung.

Artikel vom 30.11.2006