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Bardakoglus Hinweis auf das Schwert

Indirekte Kritik an Papst-Äußerung - Benedikt XVI. um Ausgleich bemüht

Ankara (dpa). Der Präsident der türkischen Religionsbehörde, Ali Bardakoglu, hat die Äußerungen von Papst Benedikt XVI. über Islam und Gewalt indirekt scharf kritisiert.

In jüngster Zeit sei eine »wachsende Zunahme der Islamphobie« zu beobachten, sagte der islamische Geistliche gestern beim Treffen mit Benedikt in Ankara. In dieser gegen den Islam gerichteten Haltung komme »die Mentalität« zum Ausdruck, »dass der Islam durch seine Geschichte zur Gewalt ermuntert und der Islam mit dem Schwert in der Welt verbreitet wurde«.
Mit dem Hinweis auf das Schwert spielte Bardakoglu offensichtlich auf das Zitat eines byzantinischen Kaisers aus dem 14. Jahrhundert an, das der Papst in seiner Regensburger Rede verwendet hatte. Der türkische Geistliche hatte diese Rede seinerzeit scharf kritisiert und eine Entschuldigung Benedikts verlangt.
Bardakoglu betonte, dass »wir Muslime alle Art von Gewalt und Terror von wem auch immer« verurteilen und als »Verbrechen gegen die Menschheit« ansehen. Er forderte dazu auf, dass sich Religionsführer darauf konzentrieren sollten, »die Probleme der Menschheit gemeinsam zu lösen, ohne zu versuchen die Überlegenheit des eigenen Glaubens herauszustellen« oder mit Debatten über theologische Fragen der Religionen Zeit zu verlieren.
Papst Benedikt XVI. sagte, beide Religionen teilten den Glauben »an den einen Gott« sowie an die besondere Würde jedes einzelnen Menschen. Zudem seien sich Christentum und Islam einig in ihrem Streben nach Frieden und Gerechtigkeit in der Welt. In einer ganz um Versöhnung und Ausgleich bemühten Rede ging Benedikt mit keinem Wort auf seine umstrittenen Äußerungen zu Islam und Gewalt während seiner Bayernreise ein, die im September eine Welle der Empörung in der islamischen Welt ausgelöst hatte. Benedikt vermied jeden Bezug zu diesem Thema. »Christen und Muslime gehören zur Familie derjenigen, die an den einen Gott glauben und die ihre religiöse Herkunft, jeweils nach ihren eigenen Traditionen, bis zum (biblischen Urvater) Abraham zurückverfolgen«, sagte das katholische Kirchenoberhaupt.
Gleichzzeitig setzte sich Benedikt für die Religionsfreiheit ein. Mit Blick auf die Türkei meinte er, diese müsse einerseits »institutionell garantiert«, andererseits aber auch in der Praxis eingehalten werden.

Artikel vom 29.11.2006