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Gefangener »keine Bestie«

Foltermord in Siegburg: Häftling nach Herford verlegt

Von Christian Althoff
Herford (WB). Nach dem Foltermord in der Justizvollzugsanstalt Siegburg ist Ralf A., einer der mutmaßlichen Täter, in die JVA Herford verlegt worden.

Ralf A. (20) ist der älteste der drei Mordverdächtigen. Er soll am 11. November zusammen mit Pascal (19) und Danny K. (17) den Mithäftling Hermann H. (20) zwölf Stunden lang gequält und schließlich aufgehängt haben -Êder erste Mord im bundesdeutschen Jugendstrafvollzug. Die drei Tatverdächtigen sind inzwischen in unterschiedlichen Gefängnissen untergebracht worden.
»Mein Mandant hat mitgemacht, um nicht selbst Opfer zu werden. Er war nicht der Rädelsführer, er ist keine Bestie«, sagte gestern Rechtsanwalt Sebastian Holbeck aus Bonn. Ralf A. sei zwar der älteste der drei Häftlinge, aber »klein und schmächtig«. Er habe sich die Zelle zunächst nur mit dem späteren Opfer geteilt. »Da hat es keine Übergriffe gegeben.« Vier Tage vor dem Mord seien dann die anderen beiden Gefangenen in die Zelle eingezogen.
Während sich Einbrecher und Drogentäter Ralf A. bei seiner Ankunft in der JVA Herford als unschuldig dargestellt und eher unbeeindruckt gewirkt haben soll, sagte sein Anwalt gestern, der 20-Jährige sei »fix und fertig«: »Er hat nach der Tat tagelang geweint und konnte nicht fassen, welche Strafe ihm nun droht.« Dabei habe Ralf A. noch versucht, die anderen beiden Täter »zu beschwichtigen«.
Friedrich Waldmann, der Leiter der JVA Herford, bestätigte gestern die Angaben des Anwaltes, nach denen Ralf A. in einer Einzelzelle untergebracht ist und keinen Kontakt zu anderen Gefangenen haben darf. »Das ist in der jetzigen Situation das einzig Richtige«, erklärte Waldmann. Ralf A. gilt als freitodgefährdet, musste Schnürsenkel und andere gefährliche Gegenstände abgeben. Alle 15 Minuten kontrolliert ein Vollzugsbeamter die Zelle, außerdem kümmert sich ein Anstaltspsychologe um den Gefangenen.
Herfords JVA-Leiter Friedrich Waldmann, sein Stellvertreter Friedhelm Sanker sowie die Spitzen der anderen vier NRW-Jugendstrafvollzugsanstalten tagten gestern in Recklinghausen. Dort arbeiteten die Experten unter Leitung des Justizministeriums am Referentenentwurf für das erste Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalens.

Artikel vom 29.11.2006