29.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bank sperrt die
Kredite: Ära
geht zu Ende

Orientteppich-Haus Tehranchi schließt

Von Gerhard Hülsegge
(Text und Foto)
Bielefeld (WB). Das Orientteppich-Haus Tehranchi in Bielefelds Rathausstraße 11 schließt nach 35 Jahren seine Pforten. Das Unternehmen ist nicht mehr liquide. Der Räumungsverkauf hat begonnen.

»Völlig fassungslos musste ich mir vor kurzem von meiner Hausbank, der ich viele Jahre lang die Treue gehalten habe, anhören, dass man angesichts neuer Kreditlinien das Engagement nicht länger aufrecht erhalten könne und daher jegliche Darlehen mit sofortiger Wirkung kündigen müsse«, erklärt Saeid Tehranchi. Der 57-jährige Kaufmann war 1968 aus Persien (Iran) nach Deutschland gekommen und führte zunächst ein Teppich-Lager im Hamburger Freihafen. 1980 eröffnete er gemeinsam mit seiner deutschen Ehefrau Barbara in Bielefeld an der Rathausstraße 6-8 sein eigenes Fachgeschäft. 1997 erwarb das Ehepaar das denkmalgeschützte Haus wenige Meter weiter an der Ecke Renteistraße.
Dort lagern zurzeit noch rund 2000 wertvolle, handgeknüpfte Seiden- und andere Teppiche auf drei Etagen. »Ich habe Jahrzehnte gebraucht, um alles zu sortieren«, sagt Saeid Tehranchi. Echte Perser sind für ihn wie Bücher, jedes Ornament erzähle eine Geschichte, sagt er. Der Laden mit 550 Quadratmeter Verkaufsfläche soll zum Jahreswechsel (oder später, falls der Räumungsverkauf länger dauert) vermietet werden. Für die Tehranchis war der Handel mit Teppichen nie nur Broterwerb, sondern Passion. Zwei bis drei Monate im Jahr war Saeid Tehranchi im Iran, im Kaukasus und in China unterwegs, um auch bei Nomaden die schönsten Unikate für den Verkauf in Deutschland an Land zu ziehen.
»Jetzt hat mein Mann zu viel eingekauft«, sagt Barbara Tehranchi, die seit 1975 auch Gutachten für Versicherungen anfertigt. Aber auch die Dauerbaustelle in der Innenstadt und die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer hätten Kunden ferngehalten, so dass es an Umsatz mangelte.

Artikel vom 29.11.2006