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22 Vorstrafen:
Serientäter darf
weiter machen

Amtsrichter verweigerte Haftbefehl

Von Jens Heinze
Bielefeld (WB). Ein an infektiöser Hepatitis C erkrankter und bislang 22 Mal vorbestrafter Krimineller darf mit amtsrichterlicher Genehmigung weiterhin seine unschuldigen Opfer anspucken und drangsalieren.

Ein Ermittlungsrichter des hiesigen Amtsgerichtes lehnte vergangenes Wochenende trotz dringender Bitte der Polizei einen Haftbefehl gegen den Bielefelder Justus B. (46/Name geändert) ab. Die Ordnungshüter mussten den Festgenommenen laufen lassen. Unfassbare Begründung des Richters - der als äußerst aggressiv bekannte Randalierer, Dieb und Schwarzfahrer mit ärztlich bescheinigter Persönlichkeitsstörung darf noch einmal um sich spucken, bevor er eingesperrt wird.
Erst am 16. November hatte sich Justus B. zum bislang letzten Mal vor einer Amtsrichterin verantworten müssen. Immerhin 42 Anklagen hatte der Staatsanwalt gegen den Analphabeten, der jede Therapie oder medizinische Hilfe strikt ablehnt, verlesen müssen. Darunter waren 35 rassistisch-obszöne Beleidigungen der übelsten Sorte, die der aggressive Pöbler überwiegend gegen Frauen oder ausländische Mitbürger ausgestoßen hatte. Auch vor Polizeibeamten und einer Pastorin machte der Mann nicht halt.
Wegen dieser Taten und wegen 24-fachen Schwarzfahrens, sechs Diebstählen, fünf Hausfriedensbrüchen, drei Sachbeschädigungen und einer fahrlässigen Straßenverkehrsgefährdung war Justus B. zu zwei Jahren und vier Monaten Strafhaft verurteilt worden. Allerdings war der Bielefelder nach dem Prozess nicht in Gewahrsam genommen worden, sondern konnte das Gericht als freier Mann verlassen.
Nur acht Tage nach der Gerichtsverhandlung kam es am vergangenen Freitagmittag zum nächsten Polizeieinsatz gegen den Mann, der bei seinen Taten selbst vor Kirchen nicht zurückschreckt und in einem hiesigen Gotteshaus schon einmal die Bleiverglasung zerstört hat. Am 24. November hatte der mit einem Messer bewaffnete Justus B. versucht, sich trotz Hausverbotes Zutritt zu den Räumen des Dornberger Lebensmittelkorbes an der Großdornberger Straße zu verschaffen und eine kostenlose Mahlzeit zu schnorren. Der Leiter des ökumenischen Lebensmittelkorbes, getragen von zwei katholischen und fünf evangelischen Bielefelder Kirchengemeinden, bekam die volle Wut des Pöblers mit infektiöser Hepatitis C zu spüren - weil der Hausherr dem unerwünschten Mann den Zutritt verweigert hatte, spuckte Justus B. dem 67-Jährigen in das Gesicht.
Kein Einzelfall: Laut Ermittlungsakten von Polizei und Staatsanwaltschaft hat der 46-Jährige, der trotz Persönlichkeitsstörung und infektiöser Hepatitis C jede Behandlung verweigert, in der Vergangenheit mindestens vier Mal Menschen angespuckt. Weitere Taten wie die vor kurzem beim Lebensmittelkorb sind zu erwarten. Denn um Mediziner, die ihm helfen könnten, macht Justus B. einen weiten Bogen.

Artikel vom 29.11.2006