29.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Mehr Truppen gegen die Taliban

Bush-Forderung an Berlin - Merkel: keine Verlegung nach Südafghanistan

Riga (dpa). US-Präsident George W. Bush und NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer verlangen von Alliierten wie Deutschland auch den Einsatz von Truppen im umkämpften Süden Afghanistans.
»In Afghanistan müssen alle NATO-Staaten bereit sein, auch schwierige Aufgaben zu übernehmen«, forderte US-Präsident George W. Bush.
Vor Beginn des NATO-Gipfels im lettischen Riga sagte Bush, NATO-Einheiten aus allen Ländern müssten bereit sein, auch »schwierige Aufgaben« zu übernehmen, damit die Mission in Afghanistan ein Erfolg werde. Auch de Hoop Scheffer ging auf Konfrontationskurs: »So sehr wir Kampftruppen brauchen, die auch den Wiederaufbau absichern können, so wenig können wir uns Wiederaufbau- Armeen leisten, die nicht kämpfen können.« Der US-Präsident und der NATO-Chef verlangten mehr Soldaten für den Kampf gegen die Taliban im Süden Afghanistans.
»Es ist inakzeptabel, dass bei unserem Einsatz im Süden Afghanistans immer noch 20 Prozent der nötigen Soldaten fehlen«, sagte De Hoop Scheffer. Das sind etwa 2500 Mann. Der NATO-Generalsekretär drängte die Verbündeten, Einsatzhürden für ihre Soldaten in der Schutztruppe ISAF aufzuheben: »Solche Beschränkungen berauben die Kommandeure der Flexibilität, und sie untergraben unsere operative Effizienz.«
Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte in Riga unmissverständlich klar machen, dass Deutschland eine dauerhafte Verlegung deutscher Soldaten vom Norden in den Süden weiter ablehnt. Sie argumentiert, es sei nicht angemessen, den Norden zu vernachlässigen, um im Süden zu helfen. Deutschland habe mit den bis zu 3000 Soldaten im Norden eine Strategie, die militärische Kraft mit politischem Aufbau und Entwicklungshilfe verbindet«. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte: »Im Süden werden wir einen Neuansatz mit so genannten Sicherheitsinseln erleben, von denen aus der Wiederaufbau beginnt.«
Bei dem Gipfel, der am Abend mit einem Arbeitsessen begann, mussten nach Einschätzung von Diplomaten auch die Regierungen Spaniens, Italiens und Frankreichs damit rechnen, unter den Druck der USA, Großbritanniens, Kanadas und der Niederlande zu geraten. Diese vier Nationen führen maßgeblich den Kampf gegen die radikalislamischen Taliban im Süden des Landes.
Nach dem Willen des Bundestages darf die Bundeswehr nur für begrenzte Zeit zur Nothilfe entsandt werden und soll dafür Fernmelder, Sanitäter und Lufttransportkapazitäten und möglichst keine Kampftruppen bereit halten.
Die NATO will 2009 ihre dann zehn Jahre alte Strategie grundlegend erneuern. NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer sagte, er rechne damit, dass bei einem Gipfeltreffen im Frühjahr 2008 der Auftrag zur Ausarbeitung einer neuen Strategie erteilt werde. Dieses »Grundsatzdokument« könne dann ein Jahr später bei einem Gipfel zur Feier des 60. Jubiläums des Bündnisses beschlossen werden.

Artikel vom 29.11.2006