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Schlachtort Kalkriese ist nicht nachzuweisen

Ist der legendäre Germanenführer »Arminius« am Ende nur eine erfundene Person?

Ob die Römer im heute niedersächsischen Kalkriese oder im lippischen Teutoburger Wald vernichtend geschlagen wurden - das Hermannsdenkmal ist und bleibt stehen bei Detmold.Foto: dpa

Zu dem Artikel über neueste Forschungsaussagen zum angeblichen Ort »der« Varusschlacht, Kalkriese mit dem Titel »Rohrkrepierer. . . «
Ihr Beitrag lenkte einmal mehr den Anspruch »der Kalkrieser« auf ihren Ort der Varusschlacht, zumindest während der entscheidenden Schlussphase. Zugleich bot er einmal mehr Material gegen diese in vieler Hinsicht unhaltbare Aussage, er hat mir daher aus der Seele gesprochen. Der Aufwand in Kalkriese, diesen Ort als »denjenigen schlechthin« glaubhaft zu machen, war und ist in der Tat gewaltig, bringt zugegebenermaßen interessantes Informationsmaterial zum Themenkomplex allgemein, birgt aber auch schon in sich reichlich Gegenargumente.
Hinzu tritt jedoch für die Gegenposition schon seit langem eine viel größere Zahl untermauerter Ausarbeitungen, die - wie in Ihrem Artikel als Aussage eines jetzt auf den Plan tretenden Wissenschaftlers zu Recht angeführt - »den« Ort einer Varusschlacht zumindest nicht für Kalkriese nachweisen.
Dazu gehört nicht nur die mehr als merkwürdige Tatsache, für wieviele (hunderte?) Plätze mit einem »Stein der Weisen« der geographische und historische Platz wieder und wieder wechselnd behauptet wurde und wird. Auch antike Quellen widersprechen einander -Êhinsichtlich Jahreszeit oder Feldzugrichtung der Varustruppen!
Vermutlich hat eine sogenannte Varusschlacht schlechthin so nie stattgefunden. Wenn in der Zeit um 9 nach Christi Geburt rechts des Rheins ein erhebliches römisches Kontingent zugrunde gegangen ist, so dürfte es sich um ein qualvolles, sicher monatelanges Sterben römischer Legionäre und ihres Trosses samt Heerführer handeln, verursacht durch eine Mischung fürchterlicher Umstände wie Krankheiten aller Art, Unkenntnis des Geländes mit seinen tödlichen Fallen, dazu sicherlich einige Scharmützel von Heeresteilen mit einzelnen Germanengruppen, womöglich überforderte Logistik und dazu insbesondere wohl auch hier unzulängliche Führungsqualitäten des Quintilius Varus. Dieser wird schließlich seine Fehleinschätzung des gesamten Germanenthemas eingesehen haben und deswegen vielleicht auch den Freitod gewählt haben.
Ganz wichtig ist der Hinweis auf das insgesamt keineswegs rein kriegerische Miteinander rechtsrheinischer Germanen im Westfälischen und linksrheinischer Römer, das eher von wirtschaftlichen Bestrebungen in Frieden gekennzeichnet war (es gibt belegende Funde!). So wurde die in einen Feldzug mündende, völlig anders laufende Einschätzung der längst (seit Lollius' Feldzug) eingefahrenen Entwicklung ausgerechnet durch Varus zu einer militärischen und politischen Katastrophe.
Natürlich (!) suchte »man« in Rom die Ereignisse nach bewährtem und einsehbarem Muster als Eingriff eines übermächtigen, fähigen und so unüberwindlichen Gegnerführers herunterzuspielen - wobei der Name des »Arminius« eben kein Personenname ist, sondern die Bezeichnung für eine ausgedachte Persönlichkeit - von irgendwem aus dem dortigen Stämmekonglomerat.
Dass Caecina jetzt endlich (!) die ihm zugehörige Rolle zugesprochen wird (siehe Ihren Artikel), freut mich besonders, hat doch dieser römische Offizier Jahre später als 9 n. Chr. ein militärisches Kommandounternehmen der Römer östlich des Rheins befehligen müssen, und er überstand dies recht heil mit seinen Männern, so dass aus seinen Berichten für Rom rückwirkend ein Schicksal der Varus-Legionen zusammengeschrieben werden konnte (bitte römische Quellen lesen!). Caecina aber wirkte in der Zeit des berüchtigten Germanicus-Zuges. . . 
Als Latein- und Geschichtslehrer hatte ich diese Überlegungen gewonnen und meinen Schülerinnen und Schülern nicht als »Stein des Weisen«, wohl aber doch nachvollziehbar weitergegeben, und nicht nur diesen.
HERMANN ZEYENStudiendirektor i. R.33098 Paderborn

Artikel vom 14.12.2006