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Todesschüsse am Hochzeitstag

New York entsetzt über Polizeieinsatz gegen drei unbewaffnete Schwarze

New York (dpa). New York steht unter Schock: Mit einem Kugelhagel von 50 Schüssen haben Zivilfahnder einen unbewaffneten Schwarzen getötet.
Bürgerrechtler Al Sharpton und Nicole Paultre (re.), Verlobte des Erschossenen. Foto: Reuters

Der 23-jährige Sean Bell war Sonntagfrüh auf dem Weg zur Hochzeit mit seiner langjährigen Lebensgefährtin, Mutter der zwei gemeinsamen Kindern. Doch sein Junggesellen-Abschied endete, wie berichtet, in einem Blutbad. Zwei Freunde, die mit ihm die Nacht vor der Hochzeit in einem Striptease-Club durchgefeiert hatten, sind schwer verletzt. Und viele New Yorker fragen sich, ob die unter Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani so gefürchtete Brutalität der Polizei wieder zurückkehrt.
Polizeichef Raymond Kelly ließ die fünf Beamten, die den Nachtclub »Kalua« im New Yorker Stadtteil Queens verdeckt ins Visier genommen hatten, vom Dienst suspendieren. Ein weißer Polizist allein hatte 31 Schüsse auf das Auto der drei Opfer abgegeben - die waren allesamt unbewaffnet. Wie es zu dem Desaster kam, das gab der Staatsanwaltschaft auch gestern noch Rätsel auf.
Augenzeugen machten stark widersprüchliche Aussagen. Während eine 28-jährige Tänzerin aus dem Club berichtete, die Polizisten hätten Bells Auto mit ihrem Minivan gerammt, seien herausgesprungen und hätten ohne jede Warnung das Feuer auf den Bräutigam und seine Freunde im Auto eröffnet, hieß es von der Polizei, Bell habe mit seinem Auto zweimal den Van der Ermittler gerammt. Die Polizisten hätten in Notwehr angegriffen - zumal sie zuvor gehört hätten, dass ein Freund des Bräutigams im Besitz einer Waffe sei.
Der Vorfall erinnert die New Yorker an den Fall des Westafrikaners Amadou Diallo. Er war 1999 wehrlos mit 41 Schüssen von der Polizei niedergestreckt worden. Die Beamten hatten ihn mit einem Sittenstrolch verwechselt. Der Freispruch für die Polizisten löste Rassenunruhen aus.
Bürgermeister Michael Bloomberg versprach der Bevölkerung, gestern, alles zu tun, um den neuen Fall aufzuklären. Bei einem Protestmarsch mit der Witwe des Opfers hat der prominente schwarze Bürgerrechtler Reverend Al Sharpton der Polizei Widerstand angekündigt: Am 6. Dezember wird es eine Massendemonstration vor dem Präsidium geben.

Artikel vom 28.11.2006