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Dubiose Zeugen sorgen für einen Freispruch

Vergewaltigung war Ex-Aquawede-Chef nicht nachzuweisen - Nebenklage prüft Revision

Von Uwe Koch
Bielefeld (WB). Mit einem »schalen Gefühl« hat das Landgericht Bielefeld gestern Schwimmmeister Björn S. (Name geändert) vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochen. Die Richter der 10. Großen Strafkammer entschieden nach dem Antrag von Staatsanwältin Nina-Carolin Sommerfeld.

Von August 2000 bis zum Januar 2004 sollten vornehmlich die Räume des »Aquawede« an der Duisburger Straße sowie das Gadderbaumer Freibad und die Dienstwohnung des Angeklagten Tatort der insgesamt 15 sexuellen Übergriffe des damaligen Betriebsleiters gewesen sein. Als mutmaßliche Opfer hatten zwei weibliche Angestellte des Spaßbades ausgesagt, Björn S. habe sie insgesamt achtmal zum Beischlaf gezwungen, darüber hinaus habe der 42-Jährige sie unsittlich berührt oder zu weiteren sexuellen Handlungen gezwungen haben. Björn S. hatte die Vorwürfe stets vehement bestritten. Sex habe es wohl gegeben, allerdings einvernehmlich.
Im Februar 2004 war ihm fristlos wegen anderer dienstlicher Verfehlungen gekündigt worden. Die Vorwürfe der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung wurden erst später erhoben. Das Arbeitsverhältnis mit der Bädergesellschaft BBF wurde zum 30. September 2004 einvernehmlich beendet. Seither hat der Ex-Hallenbad-Chef sogar Hausverbot an seinem ehemaligen Arbeitsplatz.
Kammervorsitzende Jutta Albert resümierte gestern den »wellenförmigen Eindruck« einer Hauptverhandlung, die mit »einem ausgesprochen unbefriedigenden Ergebnis« zu Ende gehe. Dieser Missmut resultiere nicht aus dem soeben verkündeten Freispruch, sondern aus »dem Gefühl, dass wir nur einen Bruchteil aufklären konnten«. Das erboste Fazit der Vorsitzenden Richterin der 10. Strafkammer betraf nicht nur die Aussage einer jungen Frau, »die grottenfalsch gelogen« habe. Ein großer Teil aller Zeugenaussage sei, so Albert wörtlich, »absoluter Schrott« gewesen. F. werde demnach nicht wegen erwiesener Unschuld, sondern »mangels Beweisen« freigesprochen.
Rechtsanwalt Ralf Lindraht, der vor der Kammer die Nebenklage einer der Frauen vertrat, hatte eine fünfjährige Haftstrafe wegen Vergewaltigung seiner Mandantin in sechs Fällen gefordert. Lindraht kündigte gestern gegenüber dem WESTFALEN-BLATT an, man wolle den Gang in die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) prüfen. Der Rechtsanwalt: »Ich werde innerhalb der kommenden Woche mit meiner Mandantin entscheiden, ob wir gegen das Urteil Revision einlegen werden.

Artikel vom 28.11.2006