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Spitzgräben sprechen eher für Kalkriese

2000 Jahre nach der Schlacht: Region legt auf die Vermarktung des Jubiläums keinen Wert


Kalkriese, Ort der Schlacht am Teutoburger Wald:
Ärgerlich an der gegenwärtigen Diskussion ist, dass die einzige Konstante, dass nämlich im Jahre 9 nach Christus die »Schlacht im Teutoburger Wald« stattgefunden hatte, gar nicht mehr erwähnt wird. Da waren die Akteure im 19. Jahrhundert klüger, als sie flugs erklärten, der Osning sei der in den Annalen vielbeschworene Teutoburger Wald.
Besonders schade ist, dass man nach dem 2000-jährigen Jubiläum auf dieses einmalige Geschenk der Historie zur Vermarktung unserer Region offenbar selbst in der Region keinen Wert legt, indem man die Bezeichnung »Schlacht im Teutoburger Wald« verschmäht, dabei macht es die Quellenlage in Tacitus' Annalen ganz deutlich.
Nachdem Germanicus etwa von Mainz aus über die hessischen Chatten hergefallen war und nebenbei seine Marschrichtung änderte, um auch die östlich davon lebenden Cherusker zu bekämpfen in der Gegend zwischen Warburg, Kassel und Göttingen, zog er sich wieder über den Rhein zurück, um danach in zwei getrennten Marschsäulen über Ems und Lippe sich an der Ems mit Caecina zu treffen und einen Aufstand der zwischen Ems und Lippe ansässigen Bructerer niederzuwerfen.
Nachdem Germanicus das Gebiet zwischen Ems und Lippe verheert hatte, wurde berichtet, dass nicht weit davon die Legionen des Varus unbestattet lägen »am Rande des Teutoburger Waldes«. Der Teutoburger Wald muss also ein Bergwald, so die Übersetzung des lateinischen Wortes »Saltus«, nahe der Ems gewesen sein, mithin das Wiehengebirge und der heutige Teuto, eigentlich Osning. Die nähere Ortsbestimmung wird dann schwierig, etwa mit einem Zirkel 50 Kilometer in östlicher und südlicher Richtung um Rheine am Rande der westfälisch-lippischen Schwelle, das kann Kalkriese sein, es könnte aber auch noch Lippe sein.
Die nun in Kalkriese gefundenen Spitzgräben sind jedenfalls eher ein Indiz für Kalkriese als Schlachtort als dagegen. Denn Germanicus hat auf dem Schlachtfeld zwei Römerlager entdeckt, eines für drei Legionen und ein anderes kleineres, hastig errichtetes, in dem das Ende der Schlacht stattgefunden hatte.
Sicherlich könnte man in Kalkriese »ergraben«, ob die Spitzgräben zu dem Drei-Legionen-Lager oder etwa zu dem Verzweiflungslager gehörten, wenn man noch das zweite Lager fände, auch das wäre aber kein Beweis für die Varusschlacht dort.
Man sollte es so sehen: Unsere Altvorderen haben im 19. Jahrhundert den Teutoburger Wald erfunden, aus einer alten Beschreibung des Tacitus entlehnt, sie haben sich nur ein bisschen geirrt, nicht nur der Osning, sondern das ganze Ravensberger Hügelland, der Osning und das Wiehengebirge waren jener von Germanicus gemeinte Teutoburger Wald, und so sollte man es auch verkaufen.
THOMAS KEITELHotel- und GaststättenverbandOstwestfalen33602 Bielefeld

Artikel vom 14.12.2006