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Ein bisschen Respekt
Dicht
am
Ring

Von Oliver Kreth

Jetzt kommen sie alle aus ihren Löchern - die Besserwisser. Hab' ich doch schon immer gesagt, das ist ein weicher Riese, der Donald Duck des Boxsport, ein ewiger Verlierer. Aber alle haben sie hingeschaut. Mehr als 11 Millionen am TV beim Knockout in der sechsten Runde, 14 500 in der Halle.
Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Alle, die Axel Schulz im Training gesehen haben, meinten danach: So gut war er noch nie. Dass er sich am Samstag im Ring dann so grausam blamierte, tut keinem mehr weh als ihm. Nicht nur körperlich.
Ein Vorwurf ist dem Gedemütigten allerdings nicht zu ersparen. Dass bei ihm der Kopf schwächer als der Körper ist, wusste nicht nur der Athlet schon länger. Spätestens als er in Halle öffentlich trainiert hatte und schon da seine Nervosität unübersehbar war, hätte das Team um US-Trainer Rick Conti eingreifen müssen.
So bleibt letztlich nur ein positiver Aspekt des Haller Kampfabends. Axel Schulz hat eine ganz klare Antwort bekommen: Es reicht nicht mehr für das Boxen ums große Geld oder gar einen Titel.
Ihn jetzt mit Häme zu überkübeln ist leicht und billiger als es sein erster Ring-Auftritt nach 2618 Tagen war. Er wollte es noch einmal wissen, und er hat alles getan, um ein gutes Comeback zu geben. Dafür schulden ihm die 11,53 Millionen, die ihn im TV gesehen haben, und die 14 500, die in Halle live dabei waren, zumindest eines - ein bisschen Respekt.

Artikel vom 27.11.2006