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Haus Kidron: Jetzt geht's ans »Eingemachte«

Bagger frisst sich in Dach und Wände - Stück Bethel-Geschichte findet ohne Abrissbirne Ende


Bielefeld (gge). Jetzt geht's ans Eingemachte: Der Bagger ist gestern dem Haus Kidron in Bethel zu Leibe gerückt. Wie berichtet, soll das fast 100 Jahre alte Gebäude Parkplätzen weichen, nachdem die von Bodelschwinghschen Anstalten und das Evangelische Krankenhaus Bielefeld (EvKB) zehn Millionen Euro in die Erweiterung des Hauses Mara (Zentrum für Behindertenmedizin) und den Neubau der Abteilung für Kinderepileptologie (Kidron) investiert haben.
»Wir liegen gut im Zeitplan«, betonte Dieter Reinecke gestern gegenüber dem WESTFALEN-Blatt. Der Bauleiter vor Ort des Abbruch-Unternehmens Hagedorn aus Gütersloh war mit zehn Mann angereist, um nach der fast zu Ende gebrachten Entkernung des Gebäudes am Maraweg auch den Außenmauern den endgültigen »Garaus« zu bereiten. »Die Abrissbirne hat ausgedient«, erklärte er. Der mit Bedacht eingesetzte Arm des Baggers erlaube es den Handwerkern, die verschiedenen Materialien sofort umweltfreundlich zu sortieren. Giftige Baustoffe wie Asbest wurden nicht einmal auf den Balkonen gefunden.
Das zum Teil aus Fachwerk bestehende Haus Kidron ist 1913 als »Haus für weibliche Epileptische« errichtet und 1914 fertiggestellt worden. Der Name erinnert an das Tal, durch das der Heiland den Weg nach Gethsemane ging. Wohnen sollten dort »Leute, die durch manches Dunkel zu wandern haben«. Der Erstbezug erfolgte 1914 durch 70 epileptische Frauen und Mädchen. 1933 erfolgte die Umwandlung zur Aufnahmestation für gemütskranke Frauen. 45 der 90 Plätze im Haus standen so genannten »klinischen« Patienten zur Verfügung, nämlich für die Versorgung von vorübergehenden, akuten psychiatrisch-neurologischen Krankheitsfällen, verbunden mit einer hohen Fluktuation. Die andere Hälfte war Langzeitpatienten vorbehalten.
1983 kam es im Rahmen der Neuordnung der Arbeit in der Psychiatrie zur Zusammenfassung aller psychiatrischen Bereiche in Bethel. In der Folge zogen die bisher in Kidron untergebrachten Patientinnen nach Gilead IV oder wurden in anderen Häusern untergebracht. Und es wurde mit dem Umbau zur neuen Kinderklinik für Mara mit 28 Plätzen in drei Gruppen begonnen. Vom Dezember 1985 datiert der Umzug der bisherigen Mara-Kinderabteilung nach Kidron. Die offizielle Einweihung fand im Februar 1986 statt.
20 Jahre später bleiben vom Haus Kidron nur noch 3000 Kubikmeter Schutt übrig. Er wandert auf den Recyclinghof nach Brackwede. Die zerkleinerten Baustoffe werden später wieder verwendet als Tragschicht für den Haus- oder Straßenbau.

Artikel vom 28.11.2006