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Historische Fakten
erzählerisch vermittelt

Gustav-Engel-Preis an Veronika Huesmann verliehen

Bielefeld (uj). Die Historikerin Veronika Huesmann ist mit dem Gustav-Engel-Preis geehrt worden. Der vom Historischen Verein der Grafschaft Ravensberg verliehene und mit 2000 Euro dotierte Förderpreis würdigt herausragende wissenschaftliche Forschungen zur Geschichte der Stadt Bielefeld und der Region. Er wurde zum Gedenken an den langjährigen Vorsitzenden des Vereins, Gustav Engel, gestiftet.

»Theoretisch fundiert und systematisch vorgehend untersucht Frau Huesmann die komplexen Wechselwirkungen zwischen Religion und Geschlecht zwischen 1848 und 1918 in Minden-Ravensberg«, würdigte während einer Feierstunde im Neuen Rathaus Johannes Altenberend, Vorsitzender des Historischen Vereins, die Dissertationsarbeit, mit der Veronika Huesmann die Jury überzeugt hatte.
»Hauspriester-Väter und mütterliche Gehilfinnen. Religion, Familie und Geschlecht im protestantischen Milieu Ostwestfalens 1845 - 1918«, so der Titel der Arbeit, veranschauliche zum einen, welche Bedeutung mikrogeschichtlich angelegte Studien für den Diskurs innerhalb der Geschichtswissenschaft haben können, wenn die Ergebnisse in einen komplexen Forschungsgegenstand eingefügt würden, so Altenberend. Auf der anderen Seite sei es Veronika Huesmann gelungen, so genannte »Egodokumente«, also Selbstzeugnisse wie Briefe, Lebenserinnerungen und Hofchroniken in mühseliger Kleinarbeit in den öffentlichen und privaten Archiven aufzustöbern, auszuwerten und erstmals der Forschung zugänglich zu machen.
Altenberend hob ebenso den narrativen Charakter der Dissertation hervor: »Frau Huesmann will Geschichte erzählen, und das gelingt ihr selbst in den Abschnitten, in welchen sie sich mit theoretischen Fragen auseinandersetzt oder sich auf einem hohen analytischen Abstraktionsgrad bewegt. Hier liegt eine flüssige und präzise formulierte Studie vor, die hoffentlich bald auch in Buchform für das historisch interessierte Lesepublikum vorliegt.«
Die Preisträgerin stammt gebürtig aus dem Münsterland und ging 1997 nach abgelegtem Abitur am Dionysianum-Gymnasium Rheine nach Cambridge, wo sie am Pembroke College ihren Magister of Art in Geschichte machte. Von 2001 an bereitete sich Huesmann an der Universität Bielefeld am Lehrstuhl von Ute Frevert (jetzt Yale) auf die Promotion vor. 2002 war sie Stipendiatin des Graduiertenkollegs »Sozialgeschichte von Gruppen, Schichten, Klassen und Eliten« an der Fakultät für Geschichte, Philosophie und Theologie. Im Sommer dieses Jahres promovierte sie mit der Note summa cum laude.
Seit Mai dieses Jahres arbeitet Veronika Huesmann als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kontaktstelle »Studium im Alter« an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. Während ihrer Promotion hat sie bereits mehrere wissenschaftliche Publikationen vorgelegt, so unter anderem als Mitherausgeberin ein Buch über Anna Katharina Emmerick und einen Aufsatz über Frauen im Kirchenkreis Bielefeld im Begleitband zur gerade laufenden Ausstellung »Zwischen Himmel und Herde«. Außerdem übersetzte sie wissenschaftliche Aufsätze ihrer Bielefelder Kollegen ins Englische.
Die Preisübergabe wurde umrahmt von einem Grußwort von Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl sowie Beiträgen der Klarinettistinnen Luise Kreutzer und Melanie Honig.

Artikel vom 27.11.2006