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So fern und doch so nah

Konzert der WDR Big Band in der Oetkerhalle


Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Nicht nur im Jubiläumsjahr präsentiert der Bunker Ulmenwall in schöner Regelmäßigkeit hochkarätige Ensembles aus den Bereichen Modern und Free Jazz. Und so bescherte der Auftritt der WDR Big Band ein Wiedersehen und Wiederhören mit einer der besten deutschen Jazz-Band-Formationen. Wenn auch nicht wie vor fünf Jahren in der Enge des Bunkers, sondern in der großzügigen Weitläufigkeit der Oetkerhalle, deren großer Saal zu gut zwei Dritteln gefüllt war, als die Kölner, erweitert um maghrebinische Gastsolisten, aufs Neue ihre Visitenkarte in Bielefeld abgaben.
In einer globalisierten Welt sind dem Austausch der Kulturen keine Grenzen gesetzt. Zwar hat es Inspiration und Austausch schon immer gegeben, doch die Radikalität und Kühnheit, mit der die WDR Big Band ethnische Einflüsse aus dem arabischen Raum adaptiert, scheint einzigartig. „Jazz alÕArab“, so der Titel Konzerts - das zum Programm-Höhepunkt anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Bunker Ulmenwall gehörte - vollzog auf wundersame Weise den Dialog zwischen den Kulturen und Musikstilen. Andererseits - und das prädestiniert den Jazz fürs Experiment - speist sich der Stil seit jeher aus einem prozessualen und weltumspannenden Phänomen, nämlich der Aufnahme unterschiedlicher Musiktraditionen.
Insofern wandelt Michael Gibbs als Leiter und Arrangeur der WDR Big Band auf den Spuren der Tradition, wenn er europäischen Jazz mit arabischer Musik verbindet und das gut 20-köpfige, klassisch besetzte Big Band-Ensemble um vier Gastsolisten erweitert, die mit Gesang und Perkussion eine fremdländische Note ins Spiel brachten.
Die Natürlichkeit und Leichtigkeit, die kunstvolle Verflechtung, mit der dies geschah, nahm von Anfang an für sich ein. Verblüffend, wie orientalische Rhythmen, Harmonien und Melodien mit druckvollem Big Band-Sound korrespondierten und sich ins Call-and-response-Prinzip von Solo- und Gruppenimprovisation auf immer neuem Wege integrieren ließen. Nicht auszudenken, wie transparent die subtil arrangierten Werke in der brillanten Oetkerhallen-Akustik hätten klingen könnten, wären sie nicht elektronisch verstärkt worden. Dies völlig unnötig, zumal Lautstärke und Klangbalance keineswegs optimal aufeinander abgestimmt waren, was dann auch in weiten Teilen zu einem pastosen, verschwommenen Klangteppich führte. Nichtsdestotrotz ein interessantes Hörerlebnis, das vom Publikum mit viel Beifall bedacht wurde.

Artikel vom 27.11.2006