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Die Steilvorlagen
der Konkurrenz
gerne aufnehmen

Bezirk: Canlar gegen Westerwiehe


Bielefeld (WB/wjö). Fußball-Bezirksligist SV Canlar will es in dieser Saison wissen. Mit 25 Punkten aus zwölf Partien befindet sich der türkische Verein in Lauerstellung hinter den drei Klubs Ar-minia III (27 Pkt.), Peckeloh (und Augustdorf (beide 26 Pkt.). Durch einen Erfolg am heutigen Samstag im Nachholspiel gegen Germania Westerwiehe könnte die Elf von Trainer Zafer Atmaca allerdings die Spitze übernehmen. Anstoß ist um 14.15 Uhr auf dem maroden Sportplatz Bolbrinker.
»Am vergangenen Wochenende haben alle Spitzenmannschaften für uns gespielt«, verweist der 29-jährige Spielertrainer auf die Ergebnisse der Konkurrenten. Arminia erreichte nur ein 1:1 in Kusenbaum, Peckeloh verlor beim VfR Wellensiek mit 2:3 und Augustdorf kam in Marienfeld ebenfalls nicht über ein 1:1 hinaus.
»Diese Steilvorlagen nehmen wir gerne auf«, sagt Atmaca und muss seiner Truppe vor der heutigen Begegnung nichts erklären. »Dass wir von Beginn an auf Sieg spielen wollen, weiß die Mannschaft ganz genau. Schließlich hat jeder auf die Tabelle geschaut und erkannt, was wir mit einem Dreier erreichen können.« Bis auf den verletzten Manndecker Erhan Karaca hat der SV Canlar »alle Mann an Bord«.
Im dritten Jahr ist Zafer Atmaca Trainer des Multi-Kulti-Klubs, der seine Wurzeln eigentlich in Brackwede hat. Der Coach erhielt sein spielerisches Rüstzeug in der Jugend des DSC Arminia. Danach kickte er in der Landes- und Verbandsliga bei VfB Fichte, in der Regionalliga bei Göttingen 05, wechselte in die Oberliga Heesen zum SC Neukirchen und kehrte schließlich zum Oberligisten VfB Fichte zurück. Er habe in seiner Karriere viele Trainer gehabt und sich von jedem die positiven Dinge abgeschaut, versichert Atmaca. Das Bündel von Erfahrungen kommt jetzt dem SV Canlar zu Gute, der unter Zafers Regie nach der Saison 2004/2005 in die Bezirksliga aufstieg und dort sofort eine wackere Klinge schlug.
Die Disziplin und das spielerische Vermögen sind die Tugenden, die den Verein auszeichnen. Keine Skandale, ruhiges und sachliches Arbeiten hat sich Canlar auf seine Fahnen geschrieben. »Wir haben im Team etwa acht oder neun Nationalitäten. Aber die Umgangssprache ist Deutsch. Darauf lege ich großen Wert«, verrät Atmaca sein Erfolgsrezept. Und er freut sich über Komplimente der Gegner, die sein Team auch nach Niederlagen oft als faire und sympathische Verlierer bezeichnen. Und dabei schmunzelt er vergnügt: »In dieser Saison haben wir allerdings erst eine Niederlage in Wiedenbrück kassiert.«
Mit bisher sieben Gegentoren gilt die Abwehr als Prunkstück. Mit 23 Treffern ist die Offensivabteilung aber ebenfalls nicht zu verachten. Dass sich mittlerweile zehn Spieler in die Torschützenliste eingetragen haben, spricht für die Torgefährlichkeit des gesamten Teams. Die Mannschaft, die vor Saisonbeginn weitgehend zusammen geblieben ist, sei gefestigt, stellt der Trainer fest und bestätigt: »Selbst ein Rückstand wirft uns heute nicht mehr um.«
Trotz aller schönen Erfolge - Canlar wurde im letzten Jahr Hallen-Stadtmeister und deklassierte den damaligen Oberligisten VfB Fichte im Finale mit 5:1 - plagen den Verein erhebliche strukturelle Sorgen. »Unsere zweite und dritte Mannschaft spielen am Wiehagen, die A-Jugend und die erste Mannschaft auf dem Sportplatz Bolbrinker in Gadderbaum. Wir verfügen über kein Klubhaus. Deshalb sitzen wir nach den Spielen manchmal stundenlang in der Umkleidekabine zusammen und reden über Fußball und andere Dinge«, erklärt Zafer Atmaca die »traurige Normalität« in seinem Verein.
Und das »Geläuf« auf dem Bolbrinker ist einer führenden Bezirksligamannschaft ebenfalls unwürdig. Dem Klub fehlt zweifellos die Lobby zur Stadt Bielefeld. Wie schon letzte Woche stellt sich der SV Canlar auch vor der heutigen Partie die Frage: Findet das Nachholspiel gegen Westerwiehe überhaupt statt? Wie so oft muss wohl erst der Schiedsrichter entscheiden, ob die Begegnung ausgetragen werden kann. Sollte jedoch um 14.15 Uhr der Anpfiff ertönen, ist der SV Canlar für den Angriff auf die Tabellenspitze gewappnet. Zu den Liga-Favoriten zählen sich die Gastgeber aber nicht. Trainer Atmaca backt kleine Brötchen. »Wir haben zwar noch nicht gegen Arminia III und Friedrichsdorf gespielt, aber für die Meisterschaft kommen für mich in erster Linie Peckeloh und Augustdorf in Frage.« Gegen beide Mannschaften erreichte Canlar immerhin ein 1:1.

Artikel vom 25.11.2006