24.11.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kein Bergmann hat
die Explosion überlebt

Polen trauert nach Grubenunglück

Erschöpft und enttäuscht: Ein Mitglied der Rettungsmannschaft verlässt die Halemba-Mine in Ruda Slaska nahe Kattowitz. Foto: Reuters

Kattowitz (dpa). Nach dem Tod von 23 Bergleuten in der oberschlesischen Grube »Halemba« hat der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski gestern Staatstrauer angeordnet. Bis morgen werden die Fahnen vor öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gesetzt.
Bei der Methangasexplosion in der Unglücksgrube in Ruda Slaska waren die Männer im Alter von 21 bis 59 Jahren offenbar sofort von der gewaltigen Wucht der Explosion und Temperaturen von bis zu 1500 Grad Celsius getötet worden. Einige von ihnen sind so entstellt, dass sie durch DNA-Analysen identifiziert werden müssen.
Die Rettungstrupps bargen gestern morgen die letzten noch vermissten Opfer. »Das ist ein sehr trauriger Tag für uns«, sagte Zbigniew Madej, der Sprecher der Bergbaugesellschaft. Das schwerste Unglück seit 27 Jahren löste in Polen eine Diskussion über Sicherheitsmängel im Bergbau aus. Der Schacht der Unglücksgrube gilt als alt und gefährlich. In der Zeche »Halemba« waren bereits 1990 bei einer Methangasexplosion 19 Bergleute ums Leben gekommen. Am Explosionsort wurde keine Kohle mehr gefördert, die Kumpel sollten vielmehr technisches Gerät bergen.
Gewerkschaften kritisierten, dass bei der gefährlichen Arbeit auch 15 Leute einer Fremdfirma eingesetzt wurden, die keine ausgebildeten Bergleute waren. »Das Sparen um jeden Preis kostete Menschenleben«, sagte Dominik Kolorz, Vorsitzender der Bergbaugewerkschaft Solidarnosc. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob bei dem Unglück Fahrlässigkeit im Spiel war.

Artikel vom 24.11.2006