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Der Sturzgefahr im Alter besser vorbeugen

Angelika Gemkow lobt das Bethel-Engagement

Bethel (WB). Sehstörungen, Dranginkontinenz, Schwindel . . . oder einfach nur eine einseitig abgelaufene Schuhsohle - die Ursachen für einen Sturz sind ganz unterschiedlich. Ältere Menschen sind besonders gefährdet. Die Referenten der Fachtagung »Älter werden mit Behinderung« des Bewegungs- und Sporttherapeutischen Dienstes Bethel informierten darum jetzt in der Neuen Schmiede in Bethel über Stürze und ihre Vorbeugung.

Mindestens einmal pro Jahr stürzen 30 Prozent der Menschen über 65 Jahre. Bei den über 90-Jährigen ist es schon die Hälfte. Ein Sturz, so der Bielefelder Pflegewissenschaftler Dr. Klaus Wingenfeld, führe oft zu einem Bruch im Leben. Pflegebedürftigkeit sei eine Folge, und besonders nach hüftnahen Frakturen könne es zu wiederholten Krankenhausaufenthalten und zur Heimaufnahme kommen. Innerhalb eines Jahres nach einer hüftnahen Fraktur lasse sich eine erhöhte Sterblichkeit feststellen. »In Heimen sterben 30 Prozent der Bewohner mit diesen Frakturen innerhalb von sechs Monaten«, so Dr. Wingenfeld.
Im Pflegeheim müsse die Sturzprävention darum eine Verpflichtung sein, betonte Angelika Gemkow. Die Leiterin der Enquête-Kommission zur Zukunft der Pflege und Behindertenbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen sprach Bethel ein Lob für sein Engagement auf diesem Gebiet aus: »Die Impulse, die von hier kommen, finde ich sehr beachtlich.« Schon seit Anfang 2005 beschäftigt sich die Behindertenhilfe Bethel mit der Prävention von Stürzen. Zehn Einrichtungen in Bethel und Eckardtsheim beteiligen sich an dem Projekt, in dem Bewohnerinnen und Bewohner beraten und geschult, Mitarbeiter über Risiken informiert, die richtige Handhabung von Hilfsmitteln wird trainiert und mögliche Gefahren im Wohnumfeld analysiert werden. Für Bewohner wird ein Verhaltens- und Krafttraining angeboten.
Für die Prävention von Stürzen hat die Pflege den »Nationalen Expertenstandard Sturzprophylaxe« entwickelt. Die Vermeidung von Stürzen setzt zum einen bei den Verhältnissen an, in denen Menschen leben, zum anderen bei ihrem Verhalten. Zu den umweltbezogenen Faktoren gehören zum Beispiel Gehhilfen, Schuhe, Medikamente, Stolperkanten, Bodenbeläge oder die Beleuchtung. Personenbezogene Faktoren sind kognitive und körperliche Einbußen - inwieweit kann jemand Gefahren erkennen, hat er eine eingeschränkte Mobilität?
Oft treffen mehrere Faktoren zusammen, und erst dann kommt es zum Sturz. Das bestätigte auch Prof. Dr. Bernd Pohlmann-Eden, ärztlicher Direktor des Epilepsie-Zentrums Bethel. Der Sturz sei nur die Spitze des Eisbergs. Darunter befinde sich ein kompliziertes System, das für das Gleichgewicht zuständig sei. Bei der Analyse von 17 Fällen hat Prof. Pohlmann-Eden 17 unterschiedliche Ursachenzusammenhänge festgestellt. Für die schwierige Diagnose fordert er darum Kompetenzzentren.

Artikel vom 25.11.2006