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Harte Drogen immer billiger

Europäische Experten besorgt - Mehr Opium denn je aus Afghanistan

Lissabon/Bielefeld (Reuters/WB). Illegale Drogen sind in Europa so billig wie seit langem nicht mehr. Die Preise für Heroin fielen einem EU-Bericht zufolge zwischen 1999 und 2004 um 45 Prozent, Kokain kostete 22 Prozent weniger.
Opium-Lieferant: Ein Mohnbauer in Afghanistan.

Ursache des Preisverfalls sei in erster Linie die politische Entwicklung in Afghanistan, hieß es in einem gestern veröffentlichten Bericht der EU-Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht. »Afghanistan nimmt eine Schlüsselposition in der weltweiten Heroinproduktion ein«, sagte der Leiter der Behörde, Wolfgang Gotz. »Die Entwicklungen in dem Land können einen Einfluss auf das Drogenproblem haben, mit dem wir zukünftig in Europa konfrontiert sein werden.«
Seit dem Sturz der Taliban ist die Produktion von Opium, dem Grundstoff für Heroin, so stark gestiegen, dass inzwischen das weltweite Angebot die Nachfrage übersteigt. Neun Zehntel der Weltproduktion von etwa 4760 Tonnen kommen aus Afghanistan.
2004 beschlagnahmten die Behörden 19 Tonnen Heroin in Europa, ein Anstieg um zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Preise für illegale Drogen unterscheiden sich in den europäischen Ländern stark. Ein Gramm Cannabis kostet zwischen 2,30 Euro in Portugal und zwölf Euro in Norwegen. Heroin ist mit 12 Euro pro Gramm in der Türkei am billigsten, während es in Schweden 141 Euro kostet. »Die Durchschnittspreise für die meisten Substanzen sanken in den meisten Ländern, in manchen Fällen um die Hälfte«, heißt es in dem Bericht der Beobachtungsstelle.
Obwohl niedrige Preise nur ein Faktor seien, der Menschen zum Drogenkonsum bringe, müsse man die Entwicklung mit Sorge beobachten. »Wenn der Preisverfall bedeutet, dass mehr Drogen konsumiert werden, dürften die Kosten für das Gesundheitssystem und die Gesellschaft beträchtlich sein«, sagte ein Autor des Berichts.
Die Polizei in Ostwestfalen-Lippe hat bislang noch keinen Preisverfall auf dem Schwarzmarkt für harte Drogen feststellen können. Als ernsthaftes Problem betrachten die Drogenexperten jedoch den gestiegenen Wirkstoffgehalt bei Cannabis (Marihuana). »Je wirksamer die Droge ist, um so größer ist auch die Gefahr der Abhängigkeit«, sagte Dieter Thiede, Leiter des Kommissariats für Rauschgiftkriminalität der Bielefelder Polizei, gestern dieser Zeitung. Die Zahl der Ermittlungen wegen Marihuana-Missbrachs nehme weiter zu.
Die Zahl der Drogentoten in der Region ist in diesem Jahr rückläufig. Während 2005 noch 19 Suchtopfer zu beklagen waren, sind bis November dieses Jahres acht Todesfälle wegen Rauschgiftkonsums registriert worden.

Artikel vom 24.11.2006