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Erster Dämpfer für Wowereit

Erst im zweiten Wahlgang als Bürgermeister besttätigt

Berlin (Reuters). Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit ist nach einem schweren Dämpfer erst im zweiten Anlauf im Abgeordnetenhaus wiedergewählt worden
Klaus Wowereit konnte seinen Amtseid erst nach dem zweiten Wahlgang leisten. Foto: dpa

Der SPD-Politiker fiel gestern im ersten Wahlgang durch und erreichte auch im zweiten Durchgang nicht die Zustimmung aller Abgeordneten der rot-roten Koalition. Im ersten Versuch erhielt Wowereit nur 74 von 149 Stimmen, im zweiten kam er mit 75 Stimmen genau auf die absolute Mehrheit. Jedoch verweigerte mindestens ein Abgeordneter der rot-roten Koalition dem 53-Jährigen seine Stimme. Das Scheitern im ersten Versuch löste Erinnerungen an die fehlgeschlagene Wahl von Heide Simonis (SPD) zur Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein aus.
Wowereits Wahl im zweiten Durchgang wurde von den Abgeordneten der rot-roten Koalition mit erleichtertem Beifall aufgenommen. Die Koalition aus SPD und Linkspartei verfügt im Landesparlament über 76 Sitze und liegt damit knapp mit einer Stimme über der absoluten Mehrheit.
Der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Uwe Lehmann-Brauns (CDU), vermutete den Abweichler eher bei der Linkspartei. Dagegen sagte der Linkspartei-Abgeordnete Harald Wolf: »Wir gehen davon aus, dass die Stimme aus der SPD kommt.« Die Linkspartei hatte bei der Wahl im September erhebliche Verluste erlitten. Sie war für den Sparkurs des Senats mitverantwortlich gemacht worden. Stimmen in der Partei hatten daher auch für einen Gang in die Opposition plädiert.
Nachdem in Mecklenburg-Vorpommern das rot-rote Bündnis beendet wurde, ist Berlin das einzige Land mit dieser Konstellation. Wowereit hatte im Wahlkampf angekündigt, künftig auch bundespolitisch stärker seine Stimme zu erheben. Er wird besonders vom linken Parteiflügel unterstützt, der in seiner rot-roten Koalition eine Möglichkeit sieht, langfristig auch im Bund eine solche Konstellation vorzubereiten. SPD-Chef Beck sagte, er erwarte trotz des Dämpfers im ersten Wahlgang keine weiteren Probleme mit der Koalitionsmehrheit. »Ich bin sicher, das wird für Berlin eine gute Zukunft werden.« In der Regierungsarbeit werde es wegen der offenen Abstimmungen keine Bedeutung mehr haben, dass mindestens ein Koalitionsabgeordneter Wowereit die Stimme verweigerte. »Die Spirenzchen von Einzelnen werden in Zukunft keine Rolle mehr spielen, weil dann offen abgestimmt wird.« Dagegen wertete die Opposition die Wahlpanne als Zeichen einer geschwächten Koalition. CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger sprach von einem »schwachen Regierenden Bürgermeister«. Nach dem ersten Wahlgang, in dem er die absolute Mehrheit um eine Stimme verfehlte, hielt der Präsident des Abgeordnetenhauses, Walter Momper (SPD), Wowereit irrtümlich bereits für gewählt. Er hatte Wowereit bereits aufgefordert, zur Leistung des Amtseides anzutreten, als er darauf aufmerksam gemacht wurde, dass zur Wahl mindestens 75 Stimmen erforderlich sind. Daraufhin wurde die Sitzung unterbrochen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 24.11.2006