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Der neue 007 startet
mit einem Schuss Liebe

Im Gespräch mit James-Bond-Darsteller Daniel Craig

Von Andreas Schnadwinkel
Berlin (WB). Mit »Casino Royale« ist dem Regisseur Martin Campbell, der schon in »GoldenEye« mit Pierce Brosnan einen neuen James-Bond-Darsteller einführte, eine Gratwanderung gelungen.

Daniel Craigs Debüt überzeugt als Ur- und Vorgeschichte des 007-Mythos mit Rückbezügen auf die Serienklassiker und als moderner Agententhriller von heute mit Realitätsbezug à la »24«. Craig sieht hier so aus, als hätte vor 40 Jahren statt Sean Connery Steve McQueen den Spion gespielt. Und dieser Eindruck liegt nicht nur an der Poker-Parallele zwischen »Cincinatti Kid« und »Casino Royale«. Auf Ian Flemings erstem Roman basiert der Film und ist deshalb als Neustart im Zuge der notwendigen Wiederbelebung der erfolgreichsten Filmreihe aller Zeiten zu verstehen.
Entsprechend hart und ernst hat Daniel Craig die Rolle angelegt, er verhält sich nicht distanziert zu einer Kunstfigur, sondern steckt im Körper von Bond. Und das kommt bei Kritik und Publikum gleichermaßen gut an. Wie groß die Genugtuung darüber ist, dass er nach all der Kritik nun als 007 akzeptiert wird, hat Craig im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT verraten: »Sicher wird es immer einige Leute geben, die den Film und mich in der Rolle nicht mögen. Aber ich bin sehr glücklich über die positive Resonanz auf ÝCasino RoyaleÜ. Wenn man so vehement kritisiert wird, ohne dass auch nur ein Filmschnipsel gezeigt worden wäre, kann man nichts tun. Ich kann nicht in Internet-Foren chatten und mich rechtfertigen oder öffentlich bekennen, dass ich ein Auto fahren kann. Das wäre lächerlich. Man muss sich von unsachlicher Kritik freimachen und einen Top-Film drehen. Das haben wir gemacht.«
Der Terrorismus von heute und seine Finanzierung sind als Bedrohung zu abstrakt gezeichnet, wenn man die reale Gefahrenlage bedenkt. Ganz bewusst haben die Macher von »Casino Royale« darauf verzichtet, dem Terror islamistische Züge zu geben.
Bonds Gegenspieler Le Chiffre (Mads Mikkelsen) verwaltet die Vermögen von Terrorchefs und Kriegsherren und mehrt deren und seinen Reichtum mit globalen Finanzspekulationen. Einem ugandischen Rebellenführer, der konservativ anlegen möchte und kein Risiko in seinem Portfolio wünscht, geht Le Chiffres Zockerei zu weit. Wäre der Auftraggeber ein Al-Qaida-Kämpfer, böte die Geschichte wohl zuviel politische Angriffsfläche.
Für die hohe Qualität mitentscheidend ist Eva Green (»Die Träumer«, »Königreich der Himmel«) in der weiblichen Hauptrolle als Vesper Lynd. Ihr Dialog mit Daniel Craig im Zug, bei dem es reichlich knistert, gehört zu den stärksten Frauenszenen der gesamten Filmreihe. Ist James Bond wirklich in Vesper Lynd verliebt? Dazu Daniel Craig: »Ja, definitiv. Für mich sieht man das schon in der Zug-Szene. Wenn man sich so füreinander interessiert und für seinen Standpunkt argumentiert, dann ist einem die andere Person so wichtig, dass man sich verlieben kann. Und das passiert in diesem Moment, es ist so etwas wie Liebe auf den ersten Blick.«

Artikel vom 24.11.2006