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Große Koalition zieht Bilanz:
»Deutschland steht besser da«

Die Opposition spricht hingegen von einem verlorenen Regierungsjahr

Berlin (dpa). Ein Jahr nach Amtsantritt der großen Koalition haben Regierung und Opposition eine völlig gegensätzliche Bilanz über die bisherige Arbeit präsentiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht Deutschland nach ihrem ersten Regierungsjahr deutlich besser aufgestellt.
Blumen vom Unionsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder. Gestern genau vor einem Jahr hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel ihr Amt angetreten. Für die Opposition war der Jahrestag kein Grund zum Feiern.
Nach Jahren der Stagnation sei der Aufschwung geschafft, sagte sie gestern in der Generaldebatte des Bundestags. Die Erholung der Wirtschaft und am Arbeitsmarkt zeigten, dass »unsere richtige Politik wirkt«, erklärte die Regierungschefin ebenso wie fast alle Koalitionsredner. Merkel kündigte eine entschlossene Fortsetzung des Reformkurses an.
Die Opposition stellte dem Bündnis von Union und SPD dagegen ein miserables Zwischenzeugnis aus und sprach von einem »verlorenen Jahr«. Auch Gewerkschaften und Wirtschaft zeigten sich enttäuscht.
Am Jahrestag ihrer Wahl zur Nachfolgerin von Gerhard Schröder (SPD) verwies Merkel auf die sinkende Arbeitslosigkeit, eine robuste Konjunktur und die abnehmende Neuverschuldung. »Ich finde, das sind gute Daten, und über diese können wir uns freuen«, betonte sie unter dem Beifall von Union und SPD: »Der Aufschwung in diesem Jahr gibt uns Anlass zum Selbstvertrauen, auf unserem Weg weiter zu gehen.«
Nach Merkels Worten hat die Koalition in den ersten zwölf Monaten bereits zentrale Weichen gestellt. Sie verwies auf die Vereinbarungen zur Rente und Gesundheit sowie auf die Staatsreform und die Beteiligung an der Nahost-Friedensmission. Ein »Riesenerfolg« sei es auch, dass Deutschland wieder den EU-Stabilitätspakt einhalten werde.
Damit werde sich die Koalition aber nicht zufrieden geben: »Wir wollen das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts und weniger Verschuldung erreichen.« Um die selbst gesteckten Ziele zu schaffen, müsse die Koalition vor allem »mehr Freiheit wagen«, sagte die Kanzlerin. Sie räumte Zumutungen für die Bevölkerung ein.
Eine von NATO-Verbündeten geforderte Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes auf den umkämpften Süden Afghanistans lehnte Merkel entschieden ab.
Der FDP-Partei- und Fraktionsvorsitzende Guido Westerwelle hielt der Koalition »Realitätsverweigerung« vor. Die guten Wirtschaftsdaten hätten mit der Koalition »zu allerletzt« etwas zu tun. Unerträglich nannte er die »gegenseitige Lobhudelei« der Koalition über ihr erstes Regierungsjahr: »Den Bürgern ist in Anbetracht von Mehrbelastungen nicht zum Feiern zumute.« Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sprach von einem »Armutszeugnis«. »Den Reichen geht es besser, aber den Arbeitslosen nicht«, kritisierte Linksfraktionschef Gregor Gysi.
Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck ist die Koalition dagegen »weit besser als ihr Ruf«. Er sprach sich dafür aus, im Zuge der weiteren Föderalismus-Beratungen über eine Länder-Neugliederung zu reden und plädierte erneut dafür, einen NPD-Verbotsantrag zu prüfen.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte: »Wir bringen unser Land voran. In einem Jahr ist neuer Optimismus und Zuversicht entstanden.« Seite 4: Kommentar

Artikel vom 23.11.2006