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Arbeitsplatz im
Familienbetriebmacht glücklich

Motivation und Leistung größer

Von Bernhard Hertlein
Hannover (WB). Ein Familienunternehmen ist die humanste Form des Wirtschaftens. Für diese in der Mittelstandsregion Ostwestfalen-Lippe sehr vertraute These hat das Mittelstandsinstitut Niedersachsen in Hannover jetzt den wissenschaftlichen Beweis erbracht. Die Mitarbeiter seien glücklicher, motivierter und leistungsfähiger.
Eberhard Hamer leitet das Mittelstandsinstitut.
Mitautor ist Rainer Gebhardt. Fotos: Aton

Dies gilt, so schreiben der Leiter des Instituts, Prof. Eberhard Hamer, und der im ostwestfälischen Löhne geborene Diplom-Ökonom Rainer Gebhardt in ihrer Studie »Humanwerte der Betriebstypen« (Verlag Aton, 19,50 Euro) trotz der Tatsache, dass das Gehalt in Personalgesellschaften in der Regel niedriger sei. Eine gerechte Entlohnung sei in Großbetrieben sowie in der öffentlichen Verwaltung wichtig, um Unzufriedenheit zu verhindern. Langfristig führe sie aber nicht zu höherer Leistung.
Aus Beurteilungen von Arbeitnehmern ermittelten Hamer und Gebhardt einen »Humanwert«. Gemessen an der Betriebsgröße nimmt er mit wachsender Mitarbeiterzahl ab: von 3,42 bei Firmen bis 20 Mitarbeitern über 3,2 bei Belegschaftsgrößen zwischen 21 und 300 Beschäftigten und 2,85 bei den noch größeren Unternehmen.
Der Humanwert führt nach Ansicht der Autoren dazu, dass die Mitarbeiter motivierter an ihre Arbeit gehen. Mehr Motivation führe ganz automatisch zu mehr Leistung. Der größere Leistungsdruck bei Kapitalgesellschaften wirke dagegen in der entgegengesetzten Richtung: Von einem bestimmten Punkt an entzögen sich ihm die Menschen durch innere Kündigung. Nachlesbar sei dies an den Fehlzeiten: »Im Schnitt liegen die Fehlzeiten in Kapitalgesellschaften mehr als doppelt so hoch wie in Personalunternehmen, in den öffentlichen Betrieben sogar etwa dreimal so hoch.«
Andere Maßstäbe, an denen man die Leistungsbereitschaft in gleicher Weise in Abhängigkeit von der Betriebsgröße darstellen könne, seien Produktivität und Kunden-Reklamationen.
Neben der Notwendigkeit, für ihren Lebensunterhalt Geld verdienen zu müssen, suchen Menschen bei der Arbeit auch Selbstachtung und Anerkennung. In Großunternehmen, wo der Einzelne zunehmend nur noch ein Produktionsfaktor auf einer Leistungs- bzw. Kostenstelle sei, falle dies immer schwer.
In Personengesellschaften dagegen, wo der Chef selbst vor Ort sei, zähle sein Lob noch Ê - ebenso wie sein Vorbild. Die Nähe bringe es auch mit sich, dass die Arbeit gemeinsam und im übrigen sehr flexibel gestaltet werde.
Allerdings liege in der Nähe auch ein Risiko. »Wo mittelständische Unternehmen mehr durch Zwang und Druck als durch Anerkennung und Selbstverantwortung führen, kommt es auch in mittelständischen Betrieben zu Motivationsdefiziten.« Dies gelte besonders für Gesellschafter, die in der Chefposition noch dem alten Befehl-Gehorsam-Stil anhingen.
Umgekehrt gehe es auch Konzerne, wo die Mitarbeiter es als Ehre verstünden, für dieses Unternehmen tätig sein zu dürfen. Als Beispiel aus der Vergangenheit nennen die Autoren hier den Stahlkonzern Krupp und seine »Kruppianer«.
In Ostwestfalen-Lippe hätten sie leicht auch einige aktuelle Beispiele finden können.

Artikel vom 22.11.2006