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CO2-Zertifikate verteuern Strom

Experte: Auch Steuern gestiegen

Von Edgar Fels
Bielefeld (WB). Tausende Verbraucher in Ostwestfalen-Lippe ärgern sich seit Monaten über stark gestiegene Strompreise. Die Schuld daran geben sie meist den Energiekonzernen.
Strompreis-Experte Prof. Martin Hellwig. Foto: Fels

»So leicht ist die Antwort nicht«, betonte Professor Martin Hellwig, Direktor des Max-Planck-Institutes zur Erforschung von Gemeingütern in Bonn, bei einem Vortrag in Bielefeld.
Einerseits sei der Anteil der Steuern und Abgaben am Gesamt-Strompreis in den vergangenen Jahren stark gestiegen, sagte Hellwig, der auf Einladung der Bielefeld Graduate School of Economics and Management (BiGSEM) in der Universität Bielefeld zum Thema »Warum sind die Strompreise so stark gestiegen?« sprach. Andererseits sorge die Marktkonzentration in Deutschland auf nur noch vier große Unternehmen - E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall - sowie drittens der schwunghafte Handel mit CO2-Zertifikaten für Bewegung auf dem Strommarkt.
Strom wird nicht nur aus Wasser- und Windkraft sowie Gas gewonnen, sondern auch aus Kohle. Um die Belastung der Umwelt zu kontrollieren, hat die Regierung CO2-Zertifikate an die Unternehmen ausgegeben. Allerdings ist die Zahl der Zertifikate, die den Ausstoß von Kohlendioxid erlauben, begrenzt. Das wiederum treibt ihren Preis in die Höhe. »Zeitweise haben sich die Preise verdreifacht«, sagte Hellwig. Aber auch steigende Gaspreise verteuerten die Zertifikate und verursachten somit höhere Stromkosten.
Die Ursache dieser Entwicklung liegt Hellwig zufolge acht Jahre zurück. 1998 ist der deutsche Strommarkt für den Wettbewerb geöffnet worden. Es entstand ein europäischer Großhandelsmarkt. Die Preise werden seitdem an der deutschen Strombörse EEX in Leipzig gehandelt. Die Liberalisierung im Stromsektor sorgte zunächst für einen Einbruch der Preise.
Dann habe die Bundesregierung die Situation genutzt, die Steuern auf Strom zu erhöhen. Ökosteuer, Mehrwertsteuer, Konzessionsabgabe, Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz sowie Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) trieben den Strompreis für Verbraucher in die Höhe.
Betrug der Staatsanteil 1998 noch 25 Prozent, so ist er inzwischen auf etwa 40 Prozent gestiegen. Ein Drei-Personen-Haushalt zahlt etwa 54 Euro im Monat für Strom, davon entfallen 21 Euro auf den Staat.
Ohne staatlich bedingte Sonderlasten wären die Haushaltsstrompreise heute 12 Prozent niedriger als 1998, die Strompreise für Industriekunden sogar 17 Prozent.

Artikel vom 23.11.2006