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Ein Spiel
macht noch
keinen Killer

Studien der FH Köln

Von Dietmar Kemper
Köln (WB). Ein Verbot von gewalthaltigen Computer- und Videospielen »ist weder berechtigt noch sinnvoll«. Das hat gestern Tanja Witting vom Institut für Medienforschung und -pädagogik der Fachhochschule Köln betont.
Ziel zerstört: ein Szenenfoto aus »Time Crisis 3« für Playstation 2.

»Es gibt keine eindeutigen, vorhersagbaren Wirkungen von Computerspielen«, sagte die Diplom-Sozialpädagogin dieser Zeitung. Im Forschungsschwerpunkt »Wirkung virtueller Welten« untersuchen Wissenschaftler im Institut der FH Köln seit mehr als 20 Jahren die Wechselwirkungen zwischen Spiel und Spielern, den Einfluss auf Handeln und Fühlen. Außerdem haben sie im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung 80 künstliche Figuren, Lara Croft und Co., analysiert.
»Der 18-Jährige in Emsdetten hat getötet wie im Computerspiel, aber nicht, weil er das Game gespielt hat«, stellte Witting klar. Nicht das Spiel habe den Amoklauf ausgelöst, entscheidend seien die Gemütsverfassung und die Vorerfahrungen des jungen Mannes gewesen. Witting: »Er hat sich in der realen Welt als scheiternd erlebt und Spiele ausgesucht, die zu seiner Verfassung passten und in denen er sich als Einzelkämpfer bewähren konnte.« Den Mann hätten die »Bilder von Stärke« fasziniert.
Witting räumte mit dem »Irrglauben« auf, Computerspieler könnten irgendwann nicht mehr zwischen der realen und der virtuellen Welt unterscheiden. Dem Amokläufer von Emsdetten sei klar gewesen: »Wenn ich mich im Leben benehme wie im Ego-Shooter, muss das mit meinem Selbstmord enden, denn danach kann es nicht mehr so weitergehen wie vorher.« Wenn Politiker das Verbot so genannter »Killerspiele« forderten, gaukelten sie Sicherheit nur vor. Die Jugendschutzrichtlinien in Deutschland seien streng und reichten aus. Witting: »Nicht die Spiele sind die Schuldigen, sondern die gesellschaftlichen und individuellen Probleme.«

Artikel vom 22.11.2006