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Trauermarsch nach London

Bei Arsenal hat der HSV wenigstens keinen Druck mehr

London (dpa). Wie eine Trauergesellschaft hat sich die Mannschaft des Hamburger SV gestern auf ihrer letzten Auswärtsreise in der Fußball-Champions-League präsentiert.
Passend zu den dunkelblauen Anzügen legten die am Flughafen London-Luton auf ihr Gepäck wartenden Spieler finstere Mienen auf. Kein Scherz, kein aufmunterndes Wort, den Blick stur geradeaus auf das Laufband gerichtet. Von Vorfreude auf die Partie heute (20.45 Uhr/DSF/Premiere) gegen den FC Arsenal gab es keine Spur.
Nach nur einem Sieg in 20 Pflichtspielen dieser Saison und der traurigen Nullnummer am vergangenen Samstag bei Bundesliga-Schlusslicht FSV Mainz 05 nimmt die Null-Bock-Stimmung der Profis nicht Wunder. In der Bundesliga im freien Fall, in der Champions League nur Kanonenfutter - der Hamburger SV ist derzeit nur Prügelknabe.
Für die einzigen Farbtupfer sorgten die mitgereisten Ehefrauen und Freundinnen sowie der wie immer strahlende Uwe Seeler, der neben Ex-Nationalspieler Manfred Kaltz zur prominenten Begleitung gehört. »Etwas Besseres, als hier zu spielen, kann einem doch gar nicht passieren. Bei so einer Partie ist man doch bis in die Haarspitzen motiviert und kann sich Selbstvertrauen für die Bundesliga holen«, meinte Seeler. »Nach dem Mainz-Spiel hat sich keiner auf die Partie gegen Arsenal gefreut«, gestand dagegen Trainer Thomas Doll. »Aber vielleicht ist Arsenal in dieser Phase ganz gut. Wir haben keinen Druck, vielleicht spielen wir uns frei.«
Nach vier Niederlagen in Serie und dem zweifelhaften Ruf, schlechteste deutsche Champions-League-Mannschaft zu sein, bemüht sich Doll um Schadensbegrenzung. »Wichtig ist, sich gut zu präsentieren«, formulierte er eine abgespeckte Zielvorgabe. Sein Team habe auf internationaler Bühne fast alles gutzumachen: »Die Champions League ist völlig an uns vorbeigegangen.« Bei aller Wertschätzung der Königsklasse setzt er aber andere Prämissen: »Es ist ganz klar, dass wir die Bundesliga im Kopf haben.«
Doll glaubt, dass seine halbstündige Ansprache am Sonntag einen Schub auslösen wird. »Ich hoffe, dass jeder verstanden hat, wie es bis zur Winterpause auszusehen hat.« Im neuen Stadion der »Gunners« will Doll sein Team dazu neu aufstellen. Im Sturm machte er den größten Schwachpunkt aus. »Was wir in der Offensive abgeliefert haben, ist zu wenig«, grollte der Trainer. »Für den einen oder anderen war es ein Armutszeugnis.« Vermutlich wird Danijel Ljuboja eine Denkpause bekommen.

Artikel vom 21.11.2006